Und dann war es doch nur ein Messagefilm, der für die Lehren des Don Miguel Ruiz aus Mexiko https://de.wikipedia.org/wiki/Miguel_Ruiz wirbt und der selber im Film auftritt, zuerst in den Träumen von Esra Inal, die mit Nuran Evren Sit das Drehbuch geschrieben hat und sich selber gleich auch spielt unter der Regie von Ömer Faruk Sorak.
Es geht um die Entwicklung von Esra, die in einer türkischen Familie in Berlin als Nachzüglerkind unter vielen älteren Schwestern aufwächst und ständig Träume, Angstzustände, Visionen, ja ein zweites Gesicht hat. Frühj heiratet sie den Taxifahrer Tayfun (Firat Celik) mit dem Segen ihrer Familie.
Doch die Sache mit den Visionen geht weiter. Sie gefährden ihr Leben, machen es schwierig. Gleich nach der Hochzeit haben sie und Tayfun nachts denselben Traum. Deshalb will er nachts arbeiten, und da sie Angst hat, allein mit ihren verstörenden und verunsichernden Bildern zu sein, sucht sie sich einen Job in einer Bar.
Die Ehe fängt an zu kriseln, wie Tayfun entdeckt, dass sie auch sängerische Ambitionen hat. Die Scheidung ist die Folge.
Auch bei der Arbeit fängt ihre visionäre, übersensible Wahrnehmung an, sie zu terrorisieren. Selbst die kleinste, geflüsterte Bemerkung eines Gastes hinter ihrem Rücken bekommt sie trotz enormen Kneipenlärms mit und lässt sie ausrasten. Knallig als Auftritt, schlecht für ihren Job. Den verliert sie auf der Stelle.
Die Schilderung dieser Ausgangslage, dieses schwierigen Lebens bis zum Tiefpunkt, an dem sie ohne Job und Mann dasteht, nimmt gegen eine Stunde in Anspruch, ist hochspannend, denn Sorak arbeitet massiv mit surrealistischen Bildern, die momentweise an Dali erinnern, um die Macht der Träume über Esra zu illustrieren. Schon glaubt man, der deutsche Film katapultiere sich in eine andere kinematographische Etage, wobei es sich allerdings um eine türkisch-deutsche Koproduktion mit mehrheitlich türkischem Anteil handelt; und dann passiert es; am Kastrophenpunkt ihrer Entlassung aus der O-la-la-Bar tritt Fahri Yardim als Mo auf, ein hierzulande beliebter, begabter und auch bekannter Darsteller, groß geworden im deutschen Kinosubventionsland – und egal, mag es am Buch liegen oder an seiner nonchalanten Schauspielerart – oder daran, dass Esra das Buch aus ihrer Perspektive geschrieben hat und sich nicht allzu tief mit den anderen Figuren befasst hat – oder auch nur daran, dass sie in dieser Phase des Filmes am wenigsten Visionen hat und dadurch ein wichtiges bildnerisches Element plötzlich wegfällt – jedenfalls wirkt der Film auf einmal wie braves deutsches Pfründenkino, das sich das Thema dieser Bewusstseins-Gespaltenheit vorgenommen hat und dieses TV-freundlich erklären will.
So ist denn der Erzählfuror aus der ausladenden Exposition plötzlich weg, in welchem Esra schauspielerisch brilliert hat.
Jetzt kommt eine Milieu-Geschichte aus Spielbank (ein Spielbankgewinn mit Mo hat eine uninspirierte Hotelromanze zur Folge) und Drogenhandel wie im soliden deutschen Fernsehen ins Spiel.
Immerhin werden die Visionen wieder mehr. Auch dieser ältere Mann mit Krempenhut taucht häufiger auf. Esra findet ein Buch, auf dessen Titelseite er tatsächlich mit seinem Konterfei drauf zu sehen ist: es gibt ihn also real! Es ist der mexikanische Lebenshilfephilosoph Don Miguel Ruiz. Der ist ihr schon in ihren Träumen zum Lebenshelfer geworden ist. Das erleichtert ihr den Abschied von Mo. Sie bucht einen Flug nach Mexiko.
Als Vorwort steht, dass der Wille den Lauf deines Schicksals verändern könne. Es dürfte eher Miguel Ruiz gewesen sein.