Lebenslinien: Hans Haas, der Geschmack der Heimat (BR, Montag, 5. 10. 2015, 21.00 Uhr)

Hans Haas ist ein bodenständiger, sympathischer Mensch und ist doch ein 2-Sterne-Michelin-Koch im berühmten Lokal Tantris in München.

Reiner Holzemer hat diese Dokumentation (und wie wir gleichen sehen werden: diese Schleichwerbung) über Hans Haas für die Lebenslinien vom BR produziert. Allerdings ist ein Koch ein Koch und nicht unbedingt ein gewandter Plauderer oder Selbstdarsteller, was ihn noch sympathischer macht – aber wenig Einblick in die Tiefe zulässt. Wer über Hans Haas spricht, ist voll des Lobes: die Sommeliére Paula Bosch, der Tantrisgründer und -besitzer Fritz Eichbauer, der Sternekoch Witzigmann, Hans Haas‘ Frau Ina.

Es werden Orte seiner Kindheit besichtigt, der Bauernhof in Tirol, wo er aufgewachsen ist, der Kellerwirt in Oberau, in dem er seine Kochlehre absolviert hat, ein berühmtes Lokal am Tegernsee.

Bei aller Sympathie: letztlich ist aus diesen Lebenslinien doch nur ein wunderschöner Werbeprospekt für das Tantris und seinen Chefkoch geworden, welcher er dort schon seit über 20 Jahren ist. Und natürlich lecker, wenn er ein Rind vom Hof seines Bruders auseinandernimmt und dabei erzählt, wie so ein Viech im Leben glücklich sei und vom Getötetwerden keinen Stress bekomme und dass man das am Fleisch spüre – und ansehen kann man das dem auch.
Außerdem gefällige Werbung für das neue Kochbuch, was die drei Tantris-Köche, Witzigmann, Winkler und Haas herausgeben. Da gibt es Bilder vom Fotoshooting, vom Kochen und von den Gerichtepräsentationen sowie von der Buchvernissage: somit direkte Werbung für das Kochbuch, für die der Herausgeber dem Fernsehen keinen Cent Werbekosten erstattet.

Bei aller Sympathie: so ein Hochglanzluxusprodukt hat nichts, aber auch rein gar nichts mit dem Grundauftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zu tun, vor allem hinsichtlich der neuen Finanzierungsstruktur, bei der einkommenschschwache Schichten auf Essen oder auf Kulturkonsum verzichten müssen, um den Sender und solche Sendungen überhaupt zu finanzieren, auch Leute, die sich nie im Leben so ein Essen leisten könnten. Da schlägt die Finanzierungslogik Purzelbäume. Mit solchen Sendungen entfernt sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk immer weiter von seinem Grundauftrag, wird zum PR-Instrument bevorzugter Cliquen, die sich über den gelungenen PR-Coup ins Fäustchen lachen.

Lebenslinien über Promis haben bei der aktuell sozial unausgewogenen Finanzierungsstruktur per Haushaltzwangsabgabe im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nichts mehr verloren, sind in keinster Weise mehr zu rechtfertigen, erst recht nicht, wenn sie nur an den Tag bringen, was eh überall nachzulesen ist; denn die öffentliche Präsenz ist eine der wesentlichen Geschäftsgrundlagen der Promis; in diesem Falle sind Lebenslinien nichts anderes als direktes Product-Placement, direkte Werbung und sollen bittschön dem Fernsehen die entsprechende Werbekosten bezahlen und nicht noch Zwangsgebührenkohle einsacken; so weit kommt es noch, dass der Staat mich zwingt, monatlich 17.50 Euro vom bescheidenen Budget abzuzwacken, damit Promis, die mich einen Scheiß interessieren, hier Werbung für sich und ihren Laden machen können! Das ist nicht in Ordnung. Insofern als sich diese Art von direktem Marketing in diverse Sendegefäße längst als selbstverständlich eingeschlichen hat, darf der Zwangsgebührenzahler ruhig von Schleichwerbung sprechen. Hier geht es um knallharte Geschäftsinteressen im Widerspruch zum Grundauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunkes.

Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers an die verantwortliche BR-Redakteurin Christine von Hahn und den Intendanten des Bayerischen Rundfunkes Ulrich Wilhelm.

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