Am grünen Rand der Welt

Schönes Filmmuseum einer großen Liebe nach dem Roman von Thomas Hardy, Drehbuchfassung von David Nicholls und in der Regie von Thomas Vinterberg, aber es dauert, bis der Schäfer Gabriel Oak, Matthias Schoenarts, endlich Bathsheba Everdene, Carry Muligan, küssen darf, ein Bild wie aus der romantischen Malerei entsprungen.

Wie denn überhaupt die Bilder traumhaft schön sind, die Darsteller erstklassig ausgesucht, die Regie stimmig, der Konflikt, der vorm Hintergrund des Ideals der großen und wohl auch romantischen Liebe fürs Leben – dabei geht’s dann doch nur um die Ehe – sich entwickelt.

Da ist es richtig, dass die beiden Liebenden als Erste aufeinandertreffen. Er ist der Schäfer, sie arbeitet im Sommer auf dem Hof ihres Onkels. Für ein großes Drama muss das Schicksal mächtig zuschlagen. Die Schafe brechen nachts aus dem Gehege aus und stürzen über die Klippen zu Tode. Der Schäfer steht verarmt da. Sein spontaner Heiratsantrag an die hübsche, unbekannte Nachbarin wird von ihr leichterhand abgelehnt.

Bald erbt Bathsheba den Hof ihres Onkels, bringt ihn auf Vordermann. Sie engagiert Gabriel, der mit treuhündischem Blick seinen Dienst erledigt, seine Liebe zur Herrin tief verbirgt, denn der reiche, unverheiratete Nachbar, Michael Sheen als der Gutsherr William Boldwood, ist auf Brautschau und hätte einiges zu bieten.

Nicht genug der Schäferkonkurrenz: bald tritt in roter Paradeuniform ein dritter Freier auf. Er ist offensichtlich der unsolideste (das zeigt schon die punktgenaue Besetzung mit Tom Sturridge als Seargant Francis Troy), der ist ein raffinierter und unverschämter Verführer, der Schäfer ist zu dumb, der Gutsherr zu anständig.

So landet Bathsehba in der unglücklichsten aller möglichen Ehen. Drastische Szene vom Hochzeitstag, auch da rührt sich die Natur, wartet wie im klassischen Drama mit einem Unwetter auf, der Gatte aber will die Naturgesetzlichkeit nicht wahr haben, behauptet, es gebe kein Unwetter und es werde nicht regnen, er lässt die Knechte nicht vom Saufen weg, das er spendiert hat; aber die Kornernte ist in Gefahr. Nur Gabriel, der treuguckende Diener kämpft gegen den Sturm und legt Blachen über die Getreidehaufen, die frisch vermählte Bathsheba steht ihm bei.

Der Film spielt 1870 an der englischen Kanalküste, die steil abfällt. Es fahren schöne Kutschen vor, der Verführer Troy hat selbst eine schlimme Enttäuschung hinter sich; es gibt diese friedlichen Bilder der händischen Getreideernte und Bathsheba ist eine selbständige Frauenfigur, die zuerst auf Widerstand in der Branche stößt, die sich durchsetzen muss, das zeigt eine Szene auf dem Getreidemarkt oder wie sie den unredlichen Gutsverwalter, der das Gut hat verkommen lassen, stehenden Fußes entlässt.

Jedoch: Bathsheba tändelt auch mit der Liebe, mit einem anonymen Gedicht an den Nachbarn Boldwood. Mein Problem bei all dem schier perfekten und wunderschönen Museum ist die Figur des Schäfers, dass der soviel Geduld hat, dass er so sich alles bieten lässt und treu auf der Reservebank Platz nimmt bis die Launen von Frau Bathsehba das wahre „Schäfer“Stündchen zulassen – das ist schon reine, schier unglaubliche Engelsgeduld, vermutlich: Schäferromantizismus pur.

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