Lost River

Der Weltstar Ryan Gosling berichtet uns hier als Regisseur und Drehbuchautor von seiner Suche nach der Kinomagie oder, das ist ebenfalls Interpretation, mit welchen Kinobildern er die Wände seines eigenen Zuhauses schmücken würde.

Vorwand für diese Aktion ist so etwas wie ein Plot, eine Story: in einer Ruinenstadt, aus der immer mehr Menschen ausziehen, bleiben einige zurück, eine Mutter, die in finanziellen Schwierigkeiten steckt und ihr Sohn, der aussieht wie ein 60er Jahre Hollywood-Filmstar. Sie entscheiden sich, zu bleiben. Das hat einige Abenteuer zur Folge, beschreibt aber auch einen Stillstand, der genau dazu angetan ist, in versinkenden Welten nostalgisch schöne Bilder, Kinobilder zu suchen, zu erzeugen und zu finden.

Denn Strom ist noch vorhanden. Also sind viele Lichtquellen und die Spiele mit denselben möglich, die verlassene Tankstelle als ein klassisches Filmbild, weil da oft Weite einerseits, Einsamkeit und gezwungenes Zusammentreffen von Menschen andererseits, Neonlicht und Spiegelungen im öligen Boden sowie Horizontlicht auf einandertreffen und genügen Platz ist für filmnostalgische, traumhaft schöne amerikanische Limousinen vergangener Zeiten.

Gosling zeigt uns in dieser seiner Liebeserklärung ans Kino, in dieser seiner verspielten Kinoträumerei, dass er Unschärfe-Effekte liebt, Schlaglichtfotografie der Stars, Farben, die an die berühmten Cinemascope-Filme erinnern, einsame Figuren in Ruinen, malerische Ausstattung, das Zerbröseln, der Zerfall, hoffnungsvolle Jugend in ruinöser Umgebung, Inspiriert vielleicht durch den Zustand von Detroit, welches schon mehrfach im Kino Eingang gefunden und Filmemacher angetörnt hat.

Denn nur aus den Ruinen kann Neues erblühen. Gosling hat über weite Strecken eine Musik über die Bilder gelegt, die sich anhört, als stürze sie durch den Weltraum und verzerre sich leicht. Musik im freien Fall.

Romantisch-nostalgische Kinosehnsucht, auch sentimentale, spricht aus diesem Film, Sehnsucht nach einem verflossenen Kino, wie es vielleicht nie wieder herzustellen ist, als das Kino noch groß war und eben: voller Magie bis hin zur Horrorstimmung.

Ein anderes Thema ist für mich aus all den Lichteffekten und Spielereien nicht ersichtlich; denn das Narrative interessiert Gosling offenbar wenig. So wirkt der Film auch sympathisch versponnen, privatistisch, eine Weltverlorenheits-Zelebration. Oder er verbringt „a bloody good time“, wie es an einer Stelle heißt. Und der Satz „about basic human needs“, der hängt doch merklich in der Luft, es sei denn, er meine damit das Kino.

Eine Offenbarung kann so ein Film nicht sein und ein Muss sicher auch nicht. Der Film wäre auch vorstellbar als lebendes Wandbild in einer Disco, als Dauerschlaufe.

Anselm Kiefer hatte in Over your Cities Grass will grow seine eigene Ruinenlandschaft gebaut, sich seine eigene Archäologie erfunden – ein bisschen scheint mir in dieser Hinsicht Gosling mit Kiefer verwandt, Gosling ein Kino-Kiefer?

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