The F-Word – von wegen nur gute Freunde!

Von der Diskrepanz zwischen dem Liebestraum vom Prinzen und der Liebesrealität.

Diskrepanzen prägen diese muntere, nicht perfektionistische, kanadisch-irische RomCom. Die Diskrepanz zwischen den Schmetterlingen im Bauch, die hier wunderschön zeichnerisch eingesetzt werden; das Bild der Zeichnerin Chantry, in die er sich verliebt, verwandelt sich in den Augen von Daniel Radcliffe als Wallace, in den Schmetterling, der im Kopf hrrumschwirrt, während Radcliffe das nicht mehr spielen muss.

Köstliche Diskrepanz auch zwischen dem Thema Liebe und dem dafür symbolischen Gegenstand, dem „Fools Gold“, das ist eine Art megagroßer Sandwich oder Calzone Calzone, aus einem Weißbrot, das dick mit Butter bestrichen und dann gebacken wird. Nachher wird das Weiche herausgenommen und ersetzt mit neuer, schwerer Füllung aus massig Erdnussbutter, Marmelade und gebratenem Bacon.

Fools Gold: Ein merkwürdiges Symbol für die Liebe, die das Thema im Film ist, nämlich die zwischen zwei Menschen, die eigentlich nur gute Freunde sein wollen. Chantry hat schon einen Freund, der ist ein trockener Mensch wie Wallace, der das Medizinstudium abgebrochen hat und jetzt Gebrauchsanleitungen für anspruchsvolle Computer schreibt. Ben, so heißt dieser Freund, arbeitet bei einem UN-Programm mit und soll für einige Zeit nach Irland, dem Koproduktionsland dieses von Michael Dowse aus lockerem Handgelenk inszenierten Filmes nach einem Drehbuch von Elan Mastai, der das Stück „Zahnpaste und Zigarren“ von T.J.Dawe und Michael Rinaldi zur Grundlage hatte.

Für Ben ist die Karriere wichtiger als die Beziehung. Trotzdem wollen Wallace und Chantry gute Freunde sein, wobei hier eine weitere Diskrepanz akut wird: theoretisch, denn leinwandpraktisch tut sich erotisch gar nichts zwischen dem begabten Radcliffe und der begabten Zoe Kazan. Insofern sind die gezeichneten Schmetterlinge hilfreich.

Ben wohnt mit dem Kumpel Allan zusammen, von Adam Driver mit zungengewandter Schnauze und dem entsprechenden Verhältnis zum Thema Liebe und Frauen charakterisiert. Außerdem ist er einen Kopf größer als Wallace. Dieser lernt Chantry kennen, Zoe Kazan, die Enkelin des weltberühmten Regisseurs hat Filmblut in den Adern und Charme dazu; bei Wallace löst sie sofort die Schmetterlingsfantasien aus.

Den Kanadiern geht es nicht primär um eine stringente Story. Sie lieben das Geplaudere, mal geistreich, mal zynisch, mal belangloser. Pausenlos wird geplaudert, wird über die Gefühle hinweggeplaudert. Wie ein munterer, ungestümer Bergbach blubbern und plappern und quirlen die Dialoge über Liebe, Sex und Beziehung pausenlos über die Leinwand. Wobei sich die deutsche Synchronisation ganz gut macht.

Fantasie ist eines und sie realisieren ist ein anderes, erst recht bei einem, der lieber um Schamhaare für ein Kissen bettelt als um Zuneigung. Dazu kann es schon knapp zweier Filmstunden bedürfen, denn es schwirren noch so viele andere hübsche Frauen herum.

Auch ein Hochzeitsfilm und einer, der Spaß am Unappettitlichem der Liebe hat, der beim Essen davon redet, dass Elvis, als er starb, noch 40 Pfund Unverdautes in seinem Darm gehabt habe, bon appetit! Ein Patchworkfilm, ein bunter Bildeteppich um die Liebe, die erfüllte, die ganz, ganz schmutzig sein kann, wie es heißt, und eben die unerfüllte. Der Traum von der „Braut des Prinzen“, auch so eine Diskrepanz, der Titel eines Kinofilmes, den beide unabhängig von einander anschauen.

Eine sympathische RomCom, die sich gerne im Detail aufhält, zum Beispiel die Nummer mit Ben, der beim Kochen Pepperoni ins Auge bekommt und deshalb aus dem Fenster fällt. Liebe und Anekdotisches köstlich verbunden, ein Sammelsurium von Liebesanekdotischem.

Dabei fallen auch immer wieder respektable Pointen und harte Wahrheiten ab, sofern der Kochtopf mit der Musik nicht gerade am Überlaufen ist.

Ungestüm ist vielleicht die Charakterisierung dieses Stückes, das nachschaut, ob die richtigen Leute zusammenfinden. Kanadische Frische paart sich hier mit irischem Eigensinn und mit Spötteleien über Europa als asiatischem Subkontinent. Die Hauptlocations sind Toronto und Dublin. Es käme aber auch Ostasien, Taiwan als Testdistanz für die wahre Liebe in Frage, die romantisch erträumte Liebe, die das Anbaggern und das Sicheingestehen sich nicht traut.

Wenn einer Medizin studiert, können Medizinerwitze abfallen: Obdachlose sind in diesem Fall Wartefleisch für angehende Ärzte zum Sichausprobieren. Dieses kanadische Kino ist solches nicht.

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