Everything will be fine

Wim Wenders nimmt ein Wohlfühl-Verwöhnbad in leicht selbstironischer (?) Egobetrachtung und ganz überflüßigerweise in 3D.

Als Vorwand dient ihm ein Drehbuch von Björn Olaf Joahnnessen. Es geht um einen Künstler, einen Autor, um seine Mimosen, Schreibhemmungen und Erfolge, und natürlich: der Künstler und die Frauen. Drei davon spielen im Leben von Tomas Eldan, gespielt von James Franco, eine Rolle. Keine kann es ihm so richtig recht machen, noch kann er es ihnen so richtig recht machen.

Der Film zieht sich über Jahre hinweg. Der Künstler braucht Freiraum, kann sich nicht von menschlichen Regungen aus seiner Konzentration herausreißen lassen. Aber auch ein Künstler und mag er sich noch so sehr in Einsamkeit vom Leben abschirmen, kommt ab und an mit menschlichem Schicksal in Kontakt oder ist selber schuld daran, selbst wenn er sich in ein entlegenes Schneegebiet in eine einfache Hütte auf einem zugefrorenen See zurückzieht, nur von Eisfischern umgeben, die sich einzig für ihr Fische interessieren und von ihm nur wissen, dass er am Schreiben ist, und dass er seinen Fortschritt nach Seiten zählt, zwei am Tag ist nicht gerade viel. Das bescheidene Schreibheft hat Wenders gleich zu Beginn mit themenbestimmender Deutlichkeit ins Bild gerückt.

Per Handy ist der Autor mit seiner Freundin verbunden, die was von ihm haben möchte, die sich nach ihm sehnt, die sich schwer tut, ihn mit der Litertur teilen zu müssen.

Kurz nach dem Telefonat sitzt er im Auto und überfährt einen Buben. Er ist nicht schuld, kann nichts dafür. Das bringt ihn in Kontakt mit dem Bruder des Buben, mit Christoph, der Jahre später eine wichtige Rolle spielen wird. Auch die Mutter des Buben, Charlotte Gainsbourg als Kate, wird als Frau eine Rolle spielen.

Von seiner ersten Freundin, Sara, Rachel McAdams, wird er sich trennen; sie ist nicht die Richtige für ihn, er ist nicht bereit. Der Künstler ist eine Mimose, hochsensibel und mehr. Frauen verstehen es nicht, wie er mit menschlichen Schicksalsfällen gefühllos umgeht, dass er emotionslos wirkt.

Das zeigt sich bei geschmackvollen Aufnahmen von einem Rummelplatz. Inzwischen ist der Autor mit Ann, Marie-Josée Croze, zusammen ist. Diese hat eine wache Göre von einem anderen Mann. Auf dem Rummel passiert ein Unglück. Ein Frau gerät unter nicht näher definiertes, schweres Gerät. Wie gefühllos organisiert der Autor, der inzwischen berühmt geworden ist, die Rettung und Ann macht ihm Vorwürfe. Ob er denn zittern solle an den Händen, fragt er sie. Gefühlsbeweisschuld des Autors den Frauen gegenüber.

Er hat das Leben erlebt, respektive den Tod, den Tod des Buben, und das habe ihn jahrelang verfolgt. Mit dem nächsten Buch ist er berühmt geworden, so dass Wenders sich bemüßigt fühlt, seinen Film mit Geschichten aus dem Prominenten-Nähkästchen anzureichern.

Tomas‘ nicht leibliche Tochter sieht bei einem Spaziergang eine Frau das Buch „Winter“ von ihrem falschen Papa lesen, rennt auf die Frau zu und erklärt ihr, dass der Autor vor ihre stehe, und ob sie nicht ein Autogramm haben wolle, was die Frau gerne bejaht. Darauf erklärt der „ Papa“, nur freiwillig erbetene Autogramme zählten. Tja, leicht scheint es Herr Wenders mit seiner Berühmtheit nicht zu haben. Künstler müssen leiden, entweder darunter, dass sie es nicht schaffen oder darunter, dass sie berühmt sind.

Später gibt es eine weitere Szene, die mit der Berühmtheit zu tun hat. Inzwischen scheinen Thomas und Ann ein wohlbestalltes Ehepaar zu sein. Eldan und Gattin kommen von einer Preisverleihung ins elegante Nachhause zurück. Sie wollen sich in erlesenen Schlafanzügen schlafen legen. Etwas riecht hier stark. Eine nähere Untersuchung ergibt, dass die Kopfkissen mit frischem, fremdem Urin getränkt sind. Somit erklärt sich auch das Fenster, das sie bei der Rückkehr offen vorgefunden haben. Stalking als weiteres Phänomen für Künstlers Leiden.

Bei diesem Film, der es ruhig angeht, der sich auf das Portraithafte der Zeichnung der Künstlerfigur konzentriert und sich nicht um die narrative Spannung bemüht, bleibt genug Zeit, sich das Team hinter der Kamera vorzustellen, sich vorzustellen, wie Wim Wenders versucht, den Protagonisten (bewusst oder unbewusst?), nach seinem Bilde zu formen.

Filmische Selbstportraits von Filmemachern sind sicher nicht leicht zu lesen, nicht so direkt wie die Selbstportraits von Malern. Beim Film wird das Ich auf einen Darsteller projiziert.

Anfangs erinnert der Film mit seiner kargen, kanadischen Winterlandschaft, der trockenen Erzählweise und dem Unfall an „Das süße Jenseits“ von Atom Egoyan. Bald aber wird klar, dass es hier nicht um einen Gerichtsfall geht, dass der Unfall nur der Vorwand für die Annäherung an die Sensibilitäten eines Künstlers sein soll.

In einem solchen Kunst- und Künstler-Selbstbespiegelungsfilm dürfen die ewigen Zigaretten nicht fehlen. Ein Hinweis darauf, dass sich dieses Künstlerverständnis im Qualm des Herkömmlichen bewegt.

Christopher, der ohne Vater aufwächst und vom Künstlertum sowohl seiner Mutter, die nicht erfolgreich ist, und jenem von Tomas infiziert scheint, ist auf dem besten Weg, genau ins Fahrwasser dieses Narzissmus und Egoismus zu schlittern, das belegt seine Erzählung einer Beobachtung an der Bushaltestelle. Eine Bö hat einen Mann umgeworfen, das fand Christopher lustig. Mitleid hat er mit dem Hund gehabt.

Wir werden mit dem gehobeneren Matinéepublikum, auf welches der Film schielen dürfte, auch kein Mitleid haben.

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