Die letzten Gigolos

Gigolo ist nicht die richtige Berufsbezeichnung für die beiden Herren, die in diesem Film porträtiert werden; einer der beiden erläutert, sie seien „Hosts“, also von der Reederei für die Kreuzfahrt angeheuert als Tänzer für einsame Damen. Gigolos dagegen seien Herren, die immer direkt vom Kunden für ihre jeweilige Dienstleistung bezahlt würden.

Hier sind die Herren für die Kunden im Preis inbegriffen. Denn die Zahlen sind deprimierend auf dem Luxusdeck: auf 15 Damen kommt ein Herr, so stellt es jedenfalls eine der Damen, vornehmlich reiche Witwen, bei einer Singleveranstaltung auf der MS Deutschland (zur Zeit in Insolvenz) fest.

Was den Dokumentaristen Stephan Bergmann an seinem Thema so faszinierte, das ist schwer zu sagen; auf jeden Fall konnte er mit seinem Team ein gewisse Zeit auf diesem Kreuzfahrtschiff verbringen; es wäre allerdings kühn zu behaupten, er habe ein wahrhaftiges Kino geschaffen, das ganz genau die Ödnis und Trostlosigkeit im Milieu dieses Schaumkrönchens der Menschheit beschreibt. Trotzdem schafft er es, diesen Kosmos als vollkommen überflüßig darzustellen. Es sei denn, man freue sich über die Jobs, die sich für die Crewmitglieder ergeben.

Auf dem Luxusdeck mit dem Bassin, was bei Wellengang wild überschwappt, versammeln sich Menschen mit Schicksalsschlägen, ja sogar welche, die Schicksalsschläge mit Kreuzfahrten bewusst kompensieren wollen. Diese Schicksalsschläge dokumentiert Bergmann, indem er die Erzählenden stumm vor die Kamera stellt oder sie auf der Sonnenliege schlafend abfilmt, während er auf der Tonspur ihre Berichte laufen lässt. Dabei schweift er tüchtig in die Umgebung seiner titelgebenden Protagonisten ab.

Besonders die blonde Witwe Babsi kommt ausgiebig zu Wort und mit dem „Host“ Peter stößt sie sogar auf das „Du“ an. Zwischen den beiden bahnt sich gegen das Distanz-Gebot der „Hosts“ etwas an, was sich leicht zu einer Liebesgeschichte entwickeln könnte, ja man wünscht es sich sehnlichst in all der wohlbetuchten, protzigen Einsamkeit.

Ganz unverhofft, wenn man glaubt, der Film ist schon zu Ende, ganz unvermittelt gibt der Dokumentarist einen Hinweis aus dem Privatleben der beiden. Da entsteht im Zuschauerhirn wie irritiert die Frage, um was ging es jetzt eben. Wo liegt die gesellschaftliche Relevanz eines solchen Filmes, der mit Zwangsgebührengeldern gefördert wurde? Will der Filmemacher wirklich nur das Klischee einer gelangweiligten, vollkommen verzichtbaren Gesellschaftsschicht zementieren? Noch dazu unter falschem Aufhänger?

„Mein Name ist Jennifer, ich bin ihre Kabine“ (aus dem Deutschkurs fürs Personal).
Berührend ist die Witwe, die beklagt, dass sie seit dem Tod ihres Mannes in der Gesellschaft nicht mehr so viel gelte, nicht mehr so viel wert sei.

Der Landausflug könnte einen Storyfaden ergeben, aber da gibt es nur eine dämliche Feilschszene über einen Rock in Gambia, den die Europäerin für höchstens (sie hat echt ein Problem mit der Unterscheidung von „höchstens“ und „mindestens“) 25 Euro, während er nach Angebot der Verkäuferin maximal 6 Dollar wert sei.

Filmemacher versucht mit Effekten, die Ödnis einer Kreuzfahrt erträglich zu machen, schöne Bilder vom Meer, Zeitlupe oder Voice-Over zu Still.
Zur Garnitur noch ein schwules Paar, die Diskussionen nicht mit in den Schlaf nehmen.

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