Exhibition

Eine feminin-britische Befreiungsträumerei in glaubwürdig realitätsnaher Formulierung am Beispiel eines langjährigen Künstlerehepaares, das in einem architektonischen Bijou in London wohnt.

Die Filmemacherin Joanna Hogg geht ungewohnte Wege beim Casting und findet so Schauspieler, die ihre Intention adäquat rüberbringen. Das ist die Schilderung des Lebens eines Künstlerehepaares und dessen Machtkonflikten in geschmackvoll-großzügiger Behausung, Individualarchitektur. Das Paar ist seit 17 Jahren zusammen, kinderlos, ihr kommt es vor wie vierzig Jahre. Sie verkriecht sich in ihr Büro, wurstelt an einer Performance und an Zeichnungen rum, die mit dem weiblichen Körper, gerne raupenhaft, uterushaft, auch mit Tendenzen zur Befreiung, Selbstbeschäftigung, sich befassen.

Das Paar kommuniziert über die Etagen per Telefon. Ihr Mann ist der klare, selbstbewusste, stringente Erfolgstyp. Er möchte ihr helfen. Sie will sich nicht helfen lassen. Er will Sex mit ihr. Sie liegt bloss lahm da. Zur Illustration, dass es sich hier um eine Baustelle handelt, gibt es ironisch kurze Zwischenblicke durch die vielen Jalousien auf eine Baustelle auf der anderen Straßenseite.

Wie sie (Viviane Albertine spielt die Künstlerin) sich schließlich befreit, scheint mir ein bisschen ein Wunder, eines Nachts jedenfalls entdeckt sie die Lust am eigenen Körper wieder. Vorarbeiten dazu waren in mühsamen Stunden in ihrem Büro angestrengte, steife Sitzpositionen auf einem mehrstufigen Schemel. Von da an geht es aufwärts mit ihr. Es kommt zu einem gemeinsamen öffentlichen Auftritt des Ehepaares, in welchem er moderiert und sie nicht viel sagt.

Das Damoklesschwert über dem ganzen Film ist der geplante Verkauf des Hauses. Was bleibt ihr noch? Sie möchte weiter über das Haus herrschen, keine Familien drin wissen. Allein hat sie Angst im Haus. Schaut in die Schränke. Schließt die Türen mehrfach ab. Im ganzen Film gibt es erst im Abspann Musik. Sonst dominiert der Klang der stählernen Wendeltreppe, über die vor allem ihr Mann im Off rauf und runter geht.

Sound of Wendeltreppe. Ihr etwas verwahrlostes Büro. Seine intellektuell hochtrabenden, souverän vorgetragenen Texte. Der intellektuelle Hirsch, der sich seiner Frau weit überlegen fühlt. Wie sie allein im Haus ist und seinen eh schon peinlich sauberen Schreibtisch nochmal zu arrangieren versucht.

Ein kunstvoller Film. Mischung aus lebendiger Architektur und intimem Einblick in das exklusive Leben eines Londoner Künstlerehepaares mit schmerzhaft subtilem Machtkampf.

Auch prima die Auftritte der Nachbarn, er ist ein richtiger Anwalt und agiert deswegen wohl besonders glaubwürdig. Diese Nachbarn wiederum haben nur ihre Kinder im Kopf. So dass die eingeladene Ehefrau und kinderlose Künstlerin bald umkippt.

Dagegen setzt die Filmemacherin die Aggressivität des Ehemannes. Wie ein Handwerker das Auto auf seinem Parkplatz abgestellt hat, verliert er schnell die Nerven.

Die Inszenierung von Joanna Hogg ist so, als ob man dem richtigen Leben zuschaue.
Und genau so prima wirken die beiden Immobilienmakler.
Die häufigen Spiele mit den Jalousien, auch ihr Exhibitionismus, den er einmal von der Straße aus beobachtet, irritiert oder neugierig.

Resultat ihrer Entwicklung: exakt beim Auszug aus dem verkauften Haus, hat sie eine Einzelausstellung in Aussicht. Das gibt dem so starken Ehemann deutlich zu knabbern. Es ist so ein Ding, wenn Machos ihre Stärke aus der Schwäche ihrer Partnerin beziehen.

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