Zeit der Zimmerbrände (arte, Freitag, 5. Dezember 2014, 20.15 Uhr und ARD, Mittwoch, 9. Dezember,20.15 Uhr))

Das Ziel dieses Filmes von Beate Langmaack in der Regie von Vivian Naefe ist die Geschichte der Anmassung einer nicht gegebenen Vaterrolle. Ein Mann, der sich nach einem Sohn sehnt, nimmt allzu gerne die Position des unbekannten Vaters ein, den sich der Sohn sehnlich wünscht. Das Buch von Beate Langmaack ist brav, brav und allzu zielbewusst. Es geht nicht von den Figuren aus, sondern vom Ziel dieser erfundenen Beziehung.

Der Titel selbst weist auf eine zwanghaft eingefügte Nebengeschichte. Dieser sohnlose Mann angelt sich nämlich auch noch eine Frau. Diese arbeitet ausgerechnet bei der Feuerwehr als Telefonistin und läuft dem Mann durch einen plumpen dramaturgischen Einfall über den Weg. Sie nimmt auch Anrufe mit Infos über Zimmerbrände entgegen.

Uwe Ochsenknecht, Sporttrainer Harry, wurde in Vancouver abgesägt und hängt in Freiburg im Breisgau herum. Er trifft – Zufall – auf Ben, geht aber gleich zielbewusst auf ihn ein (als ob er das Drehbuch gelesen hätte). Zum Behufe der Glaubwürdigkeit müsste da allerdings ein dramaturgisches Handlungsgerüst mit mehr zwingenden Situationen gebaut werden, so dass die Begegnungen überraschend kommen. Die Macht des Zufalls tritt hier nicht in Aktion. Hier sehen die Begegnungen geplant aus, denn das Drehbuch hat nicht das Spannende im Sinn, das Schicksalshafte, es scheint Scheuklappen aufzuhaben und will umstandlos auf die beabsichtige falsche Beziehung und den damit einhergehenden Wahrheitskonflikt zusteuern.

Willkürlich schwenkt/schwankt jetzt die Geschichte zwischen Ochesenknecht allein in seinem Hotelzimmer, wo er Seifenblasen pustet, und Ben allein zuhause mit Eiskochkeyzeitschrift von 98 hin und her.

Viel zu schnell und zu absurd wird die Behauptung aufgestellt, Harry sei Bens Vater, da muss er mit dem Kabriolet doch gleich Slalom fahren, wo wir noch gar nicht wissen, dass er darunter leidet, kein Vater zu sein.

Das schönste an diesem Film sind die Bächle von Freiburg mit dem Papierschiffchen und der Satz: passen Sie auf, dass sie nicht reintreten, sonst müssen sie eine Freiburgerin heiraten. Hier wird immerhin eine Erwartung geschürt.

So wie Ochsenknecht vorm Spiegel das Geständnis übt, „Benni, ich bin nicht dein Vater“, ist das weder in seiner Figur angelegt, einem eher verlotterten Habitus, noch hat sie Plausibilität für einen Mann in seinem Alter.

Problem: der Zuschauer erlebt nicht den Leidensdruck, kann empirisch nicht nachvollziehen, dass Ochsenknecht darunter leidet, dass er keinen Sohn hat und dass Ben drunter leidet, dass er nicht weiß, wer sein Vater ist. Ein rein theoretischer Input, der uns erzählerisch vorenthalten wird.

Bei der falschen Info schauspielert Ochsenknecht noch dazu schlecht „schlecht“. Er stottert rum wie ein Teen.

Thema Frau, Thema Anna. Die intendierte Love-Story wird so zielgerichtet „zufällig“ entwickelt, dass man an einen schlechten Witz glaubt, dass sie einem vorkommt, wie eine missglückte Schauspielerübung.

Dramaturgisches Hauptproblem: das Fehlen eines Handlungsgerüstes, das die Begegnungen erzwingt und die Story fortentwickelt. Die Figuren kommen jeweils zusammen, um diese Vater-Sohn-Geschichte vorzuführen, die mit ebenso an den Haaren herbeigezogenen Szenen mit Anna vermischt werden, zum Beispiel der Besuch an Weinachten; sie mit der Weihnachtesallergie. Für sie ist Weihnachten die Zeit der Zimmerbrände und der Selbstmorde.

Fistelstimmen-Ehefrau schlägt vor, Ben und Harry sollen allein zusammen Weihnachten feiern.
Nach weiterer Kussszene ist bereits Sylvester und der vermeintlicher Vater und sein Sohn sitzen um Mitternacht betrunken in einem Strandkorb vor Sohns Villa. Man nimmt dem Sohn den Geschäftsmann nicht ab.

Und schon wieder Kussszene vor Feuerwehr: ich wollte nur mal kontrollieren, ob deine Person Schaden genommen hat. Etwa alle halbe Stunde liegen Ochsenknecht und Anna im Bett. Im Hotel Bären rennt er ihr halbnackt im Flur nach, weil seine Aussagen über den Sohn widersprüchlich waren. Deswegen rennt die weg? Sie ist nicht als Wahrheitsfanatikerin vorgestellt worden. Dann wäre das plausibel.

Wie ein begossener Pudel steht Ochsenknecht vor der Feuerwehr und stiehlt Anna nach, der man ihren Job nicht in einer Faser abnimmt.

Campen von Vater und Sohn im Schwarzwald.
Gespräche der beiden Männer.
Jetzt hab ich einen Vater. Motel statt Zelt. Weichei. Du hast mir nie gezeigt, wie man sich rasiert. Was wir verpasst haben. Wie eine Drehbuchautorin sich so eine Männerbeziehung halt ausmalt, wie Lieschen Müller, hat nichts, aber auch rein gar nichts mit Menschenbeobachtung zu tun. Selfie auf dem Eisfeld. Jetzt kommt die Polizei überproportional hart und praktiziert Behandlung wie bei Schwerverbrechers. Absurde Erfindung der Autorin. Mein Vater und ich sind nicht illegal im Land. Wohl als politisches Statement gedacht.

Feuerwehr, Frühling, Harry steht wieder wie ein mondsüchtiger Hund vor dem Feuerwehrgebäude. Wie viele Monate willst du ihn noch schmoren lassen, fragt ein Kollege die Feuerwehrtelefonistin. „Ich finde, ihr Frauen seid das Grausamste, was es gibt“.

Ochsenknecht mit Hirschgeweih. Lächerliches Requisit. Er hat keinen Bezug dazu und ganz offensichtlich auch keine Lust auf den fett symbolischen Hinweis.

Schuldbewusster Ochsenknecht fängt Anna ab, gesteht und gesteht, dass er immer noch lügt. „Ich kann nicht glauben, was ich hier tue“. Beide auf dem Eis.
Ben schmeißt Job hin (auch das kommt aus heiterem Himmel, Handlung ohne Vorlauf).

Drehbuch pendelt konturlos zwischen Eisbahn, Feuerwehr, Firma, Privathaus Benny und Hotel hin und her. Außerdem eine Besetzung, die hinten und vorne nicht passt.

Nach einer Stunde äußert die Mutter von Britta erstmals Zweifel an der Vaterschaft, weil er die Mutter auf dem Foto nicht erkannt hat.

Ben möchte ein halbes Jahr aussteigen (merkwürdig für einen jungen, aufstrebenden Firmeninhaber). Nicht nachvollziehbar, warum Ben nur noch rumhängt, warum er das Haus verkaufen und mit Britta auf Tour gehen will.

Zelten mit Anna und Wandern. Ochsenknecht stottert rum beim Hochzeitsantrag. Man nimmt den beiden die Liebe nicht ab. „Ich hab die beste Frau der Welt kennengelernt und sie hat noch nicht nein gesagt“. Öde, seelenlose Routineschauspielerei.

Die ganzen Verdächtigungen wegen Schwindelei, die sind so aus der Luft heraus erfunden, die sind nicht richtig entwickelt, nur theoretisch.

Annas Auftritt vor dem Fenster mit der Feuerwehr bei der Verkaufsverhandlung mit den Japanern fünf Minuten vor Schluss. Jetzt muss es anfangen auf ein versöhnliches Happy-End hinauszulaufen. Ben besucht Harry in Eishalle. Wenigstens die Japaner haben Verständnis. Aber auch die Szene war schlecht gearbeitet.

Redaktionelle Verantwortung für diese Kopfgeburt, die nicht zu fesseln vermag, tragen Michael Schmidl, Manfred Hattendorf. Empfehlung an die arte-Direktion: die beiden Herren in einen Kurs zum Drehbuchlesenlernen zu stecken.

Statt Charaktere zu entwickeln, die durch ihre Eigenschaften Konflikte erzeugen und lösen müssen (die sind das Substrat für Demokratie), erfindet die Autorin lächerliche Figuren, die sie in ihr Puppenstubenweltbild einpasst (was dem diktatorischen Prinzip entspricht), eine Kunst, exakt konträr zum Grundauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers.