Einer nach dem Anderen

Eine norwegische Rache- und Selbstjustizgeschichte, die nicht ohne Humor und mit einem speziellen Faible fürs Design (von Innenräumen wie Schneelandschaften oder nordischen Flughäfen) und Systematik zeigt, dass sie, der Autor Kim Fupz Aakeson und der Regisseur Hans Petter Moland, dem Genre nordisch Eigenes abzugewinnen vermögen.

Die Nordlichter kann nichts aus der Ruhe bringen. Wenn zwei Ganoven auf einer Fahrt zu einem Tatort Zeit finden, so diskutieren sie ausgiebig den Unterschied von Klimaverhältnissen und deren Auswirkungen auf den Sozialstaat. Oder zwei brave Streifenpolizisten, die in ihrer entlegenen Gegend plötzlich mit jeder Menge Toten konfrontiert sind, entdecken ganz zart die Liebe zueinander.

Auch ein Schneepflugfilm. Unser Protagonist Nils ist ein verlässlicher Schneepflugfahrer und vorbildlicher Bürger. Der Tod seines Sohnes, der am Flughafen beschäftigt war, trifft ihn zutiefst. Es kann nicht sein, dass er an einer Überdosis gestorben ist, wie die Pathologie feststellt, denn er war garantiert kein Junkie. Das lässt dem Vater keine Ruhe.

Kurz nach der Szene in der Pathologie erscheint der Name des Sohnes auf eingeblendetem Schwarz mit Kreuz. Es wird im Film nicht bei dieser einzigen Verabschiedung einer Figur aus dem Film bleiben.

Noch ist Nils ein Biedermann. Aber bald schon findet er den Kontakt, der zu den Übeltätern führt. Bei Nils muss in der ethischen Ecke im Gehirn eine Veränderung stattgefunden haben. Sein Rachfeldzug ist unerbittlich, obwohl Stellan Skarsgard, der Nils spielt, nun mit Dirty Harry grad gar nichts gemein hat, aber der Film will auf die verbale Anspielung nicht verzichten. So zuverlässig wie er seinen Schneepflug durch das winterliche Norwegen steuert (Fontänen von 30 – 35 Metern Weite in die Lanschaft blasend), erledigt er den ersten, dessen er habhaft wird, sobald er die nötige Information zur nächsten Person aus ihm herausgepresst hat.

Nun, das erste Mal bedarf es vielleicht wie beim Anzapfen eines Bierfasses noch einiger Schläge. Nils aber wird sich von Mal zu Mal steigern. Auch für die Entsorgung der Leichen hat er ein praktische Idee: einwickeln in Hühnerdraht und sie, das ist ein beinah poetisches Bild, über einen Wasserfall entsorgen. Auf diese Weise kann die Leiche nicht an die Oberfläche treiben, die Fische aber können die Fleischteile abknabbern.

Des rachesüchtigen Vaters Taten beunruhigen den lokalen Drogenhero, der Norwegen mit Albanern und Serben friedlich aufgeteilt hat. Dieses Gleichgewicht gerät ins Wanken, nachdem Greven, der Drogenboss, verunsichert ist, wer die Tode seiner Mitarbeiter auf dem Gewissen hat. Ein attraktives zusätzliches Spielmoment in diese ausladende Gangstergeschichte, die fast wie eine Elegie zelebriert wird mit nordischer Klarheit und reizvoll fotografiert ist, bringt die Sorge um Grevens Sohn, um den jener sich abwechselnd mit seiner Frau kümmert.

Schnee zu Schnee.
Bring mir einen von den Serben.
Die Designsessel des nervösen Greven, die wie Gesichter aussehen.
Gespräch über die Verbrechernamen. Der Mehlkönig.
Stellenweise wieder erinnert es mehr an liebevolles Provinztheater.
Ein Gespräch über die vorbildlichen Knastbedingungen in Skandinavien, geheizte Zimmer, anständige Behandlung, keine Vergewaltigung.
Entzückend: wie Nils seiner Geisel, dem Buben Rune von Greven, ein Gutnachgschichtlein vorlesen soll. Er hat nur einen Prospekt über Schneepflüge.
Ein Spaß für große, genreverspielte Buben.

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