Inhomogenität und Disparatheit zeichnen diesen Starnberg-Krimi von Sathyan Ramesh (Drehbuch) und Dominik Graf (Regie) aus.
In Starnberg sammeln sich Fremdkörper. Leichen. Im See. Am Straßenrand. Auf dem Waldboden. Aber auch das lebende Bestiarium ist eine unverträglich inhomogene Mischung. Ein Urgestein von Bayer als Polizist, Andreas Giebel, der in diesem Starnberg selbst schon wie ein Fremdkörper wirkt, seine hübsche Assistentin Annina Hellenthal, die von Dominik Graf weit über die Sachdienlichkeit hinaus in Szene gesetzt und hervorgehoben wird und dadurch auch rausfällt in gewisser Weise, ein glatt-geschniegelter, eine Art internationales Hochdeutsch sprechender Ex-Mann einer Millionärin, Hannes Jaenicke als Gerd Sinnern, pleite und zu Besuch. Bei der Polizei ein Zivilermittler Timo, Florian Stetter, der aus einer Welt des Synchronhochdeutsch zu stammen scheint, eine Pathologin, die aus dem Kabarett entsprungen sein könnte, ein Sanitäter namens Alex Holzer, den die Produktion bei IMDb auf der Castlist nicht für erwähnenswert hält (könnte ein interessanter Schauspieler sein), aber was ihm vom Drehbuch her und ohne genauere Betrachtung seines Charakters alles an Ideen zugetraut wird, da hauts der Realität den Boden raus. Und vielleicht fremdelt der Münchner Regisseur Dominik Graf in Starnberg sowieso.
Wer über Starnberg einen Krimi schreibt, Sahtyan Ramesh, und für den BR, der muss wohl diesen Mix wie aus Apps zusammenschustern: die Reichen, der Kini, die Ludisten und eine Polizeizentrale wie in einem New Yorker Krimi: immer alles voll und busy. Die Apps, die der Autor für die Entwicklung seiner Story benützt haben könnten, wären vielleicht eine Ludwig-App, eine Ludisten-App, eine Starnberg-App, eine Sprüche-App.
Jedenfalls scheint der Autor zu viel in den Krimi reinpacken zu wollen, so dass vieles da ist und nichts richtig und das geht alles irgendwie ganz schlecht zusammen. Verständlich, dass die Geschichte somit recht müde dümpelt. Weil man sich auf nichts einlassen kann. Dass zwar Geld ein Entführungsmotiv und auch ein Mordmotiv ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber wieso nicht einen Fall etwas gründlicher unter die Lupe nehmen? Was genau waren die Motive von Sinnern? Was diejenigen von Alex Holzer? Wozu war die Fahrradunfallszene mit anschließendem Tod nötig, nur um im Nachhinein zu erklären, warum der Sanitäter, der zufällig vorbeifuhr, so weit vorgefahren ist und dann zurückgerannt kam? Drehbucharbeit ungegnügend.
Das schert aber Dominik Graf nicht, die Regie zuzusagen. Und wenn ihn sein eigenes Werk nicht so recht befriedigt, dann haut er halt ein bisschen Opernmusik darüber.
Rote Karte des Zwangsgebührenzahlers, so ein Kuddelmuddel muss ich nicht auch noch mitfinanzieren, das nicht eine der Figuren interessant werden, Persönlichkeit gewinnen lässt.
Ist Dominik Graf irgendwie sauer auf die Süddeutsche, dass bei den gefakten Zeitungskästen im Film zwar Referenzen auf die üblichen Tageszeitungen des Münchner Raumes da sind, aber ausgerechnet eine auf die SZ fehlt?
Merkwürdiger Frauen-Cast, alles relativ harte, wenig charmante Frauen („lauter rechte Besen, wie die echte Sissi“, an dem Satz aus dem Buch scheint sich das Casting bei den Frauen orientiert zu haben). Generell ein Cast, der vermutlich zeigen soll, wie heterotonisch so eine Gemarkung wie Starnberg zusammengesetzt ist, mit wie unverträglichen Charakteren, die so gar keine Einheit ergeben, Schwemmland, ein Agglommerationspickel.
Sprüche: Du hast jetzt keine Ludwig-App?
Männer, wir können nicht mit ihnen, wir können nicht ohne sie.
Wie der im Film zitierte „Der Fall Weilinger, der hat kein Rhythmus“, so ergeht es diesem Storyzusammengestochere.
Und dann nicht mal Dramaturgie-Enspurt-Masche richtig durchgeführt. Zehn Minuten vor Schluss ist zwar Gefahr in Verzug, aber oh Schreck, dann wird plötzlich noch die Wasserleichen-Ludwig-Doppelgänger-Abdankung dazwischen geschnitten. Immerhin schön, dass die Polizei an der Abdankung von Leichen, mit denen sie befassst war, teilnnimmt. So wirkt Starnberg direkt britisch (inspiriert by Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit?)