Monsieur Claude und seine Töchter

Kino im Sinne eines geistigen Trimmgerätes für eine intelligentes Publikum und als Selbsttest für Toleranz.

Wie würde ich damit umgehen, wenn in meiner Familie plötzlich alle meine Kinder einen Partner aus einer anderen Weltregion und Weltreligion ehelichen würden? Wenn der Regenbogen am Schluss mit einem Schwarzen aus Schwarzafrika noch die Krönung finden würde?

Philippe de Chauveron, der mit Guy Laurent auch das Drehbuch geschrieben hat, geht systematisch vor. Der brave Franzose, erfolgreicher Inhaber der Anwaltskanzlei Creuzet-Verneuil und Gaullist Claude, gespielt von Christian Clavier, hat mit seiner Frau Marie, Chantal Lauby, vier attraktive Töchter, man ist katholisch und haust in einer beachtlichen Villa mit schönem Umschwung und altem Baumbestand.

Nach wenigen Filmminuten im Jahresrhythmus sind im Rathaus von Chinon, so heißt die kleine französische Ortschaft, drei der Töchter verheiratet. Die Schwiegersöhne sind ein Jude aus Tel Aviv, der ständig koschere Bio-Geschäftsideen wälzt, ein Chinese, der Anwalt ist und ein Araber, der einen auf Halal-Bio-Food machen will; alles gebildete Franzosen, die comme-ci-comme-ca die Marseillaise schmettern.

Der Filmemacher lässt nun in gezielten Szenen die kulturellen und religiösen Unterschiede und Vorurteile systematisch aufeinander prallen. So dass ein Familientreffen platzt wegen Beleidigungen oder dem Gefühl von Beleidigungen. Aber die Vorhaut des kleinen jüdischen Enkels soll unter dem Apfelbaum vor der Villa begraben werden, wäre da nicht der kleine süße Hund.

Einige Jahre später nimmt die Familie einen weiteren Anlauf. Diesmal ist das christliche Weihnachten zum familären Versöhnungsfest auserkoren. Endlich soll auch die vierte Tochter unter die Haube kommen. Die Familie lädt einen biederen Franzosen und Weltbänker ein, der eben aus Washington zurückgekehrt ist und der der vierte Schwiegersohn werden soll, ein waschechter Franzose ohne problematischen Migrations- und Religionshintergrund. Und Katholik dazu. Nur ist die Tochter längst mit einem Schauspieler aus der Elfenbeinküste zusammen. Er macht ihr kurz vor einem Heimatbesuch auf dem Flughafen den Heiratsantrag. Den geforderten Eltern, die Mutter geht schon zum Psychiater, winkt nun das ersehnte und erträumte Glück eines Wunschschwiegersohnes, denn soviel verrät die Tochter, dass es sich bei Charles, richtig wie bei Charles de Gaulle, um einen Katholiken handelt.

So darf sich der Zuschauer schon hinterlistig auf die erste Begegnung mit dem Schwiegersohn freuen. Die findet in einem Restaurant statt und zeitigt schön lange Gesichter. Denn der Schwiegersohn stammt aus Afrika. Über Skype findet das erste Kennenlernen mit den künftigen Schwiegereltern statt. Der Schwiegervater ist selbst voller Vorurteile gegen die Franzosen, ein Patriarch sondergleichen und will 400 Gäste zur Hochzeit mitbringen. Der Countdown folgt in Tagesschritten zur Hochzeit. Da bäumen sich noch mächtige Hindernisse auf. Vater Claude fängt an, mit der Motorsäge Bäume im Park zu fällen. Von einem Angel- und versuchten Versöhnungsausflug von Braut- und Bräutigamsvater findet die besorgte Verwandtschaft vorerst nur ein blutiges Taschentuch mit den Initialen von Claude.

Da es eine Komödie ist, das versteckt der Film keineswegs, wird rechtzeitig alles zu einem Happy-End hin zurechtgebogen. Macht nichts, es ist eine Lektion, eine humorvolle, ein bestens gelaunt und nicht dumm gemachter Funktionsfilm. Denn sollte man in einem voll besetzten Saal sehen. Wobei ich mich während des Screenings gefragt habe, ob es nicht doch vor allem ein typisch französischer Film ist, gezielt fürs französische Publikum. In Deutschland würde sich jedenfalls keiner trauen, auch nur annähernd einen solchen Film zu machen. Wir sind mit den Türkenfilmen, die zeigen, dass Türken eben anders sind als Deutsche, voll ausgelastet.

3 meiner Töchter habe ich Immigranten geschenkt.
Das ist kein Familienessen, das ist eine Rassismuskonferenz.
Ein Gang durch ein Immigrantenviertel in Paris wird mit einer Begegnung der dritten Art verglichen.
Wie Mutter für das Weihnachtsessen eine Halal-Pute kaufen will, meint der Metzger, in diesem Land würden sogar ältere Damen zum Islam konvertieren.
Familie Benetton, nennt ein Mitchrist den Aufmarsch der versammelten Verneuils zur Christmesse.
Um die Vorurteile zu toppen, meint einer: zum Glück habe Claude nur vier Töchter, sonst wäre der 5. Schwiegersohn ein Roma.
Der multikulturelle Schneemann, trägt Kippa, hat Schlitzaugen und ein schwarzer Damenslip markiert den islamischen Bart.
Köstlich absurde Gackerreaktion des katholischen Priesters, wie er von der bevorstehenden katholischen Hochzeit der vierten Tochter erfährt und hört, der Bräutigam sei ein Schwarzer.

Viel Lärm um Nichts

Nach dem Dreh von „Marvel’s The Avengers“ hatte Regisseur Joss Whedon einige Tage frei bis zur Postproduktion. Da lud er Schauspieler-Freunde, mit denen er regelmäßig Shakespeare-Lesungen veranstaltet, in sein und seiner Frau großzügiges Haus ein und statt einer Lesung wurde ein Shakespeare-Film daraus. Das erinnert, was Team-Geist und Hingabe an die Kunst betrifft, an Ingmar Bergman, der in den Theaterferien mit seinen Schauspielern auf einer schwedischen Insel Filme drehte, die für Aufsehen sorgten.

Für Aufsehen wird dieser Film wohl kaum sorgen. Eher wird er ein filmkulinarischer Kulturgenuss. Hier hielten sich die Filmemacher streng an den Shakespeare-Text, ein Brillanz-Ausweis, wie sie ihn selbstveständlich prononcieren, ein Brillanz-Ausweis des Regisseurs, wie er die Szenerie ins Heute verlegt und die Szenen auflöst und montiert. Wie die Figuren durch die Konzentration auf die Texte deutlich hervortreten. Wie Whedon filmisch denkt und zeigt, dass er mit diesen Mitteln selbst einem Theater-Stück aufregende Präsenz auf der Leinwand verleihen kann.

Whedon hat den Film in Schwarz-Weiß gedreht. Die menschlichen Ränkespiele um die Liebe, jene, die daran glauben, und jene, die nicht daran glauben. Das äußere Setting: der siegreiche Feldherr Don Pedro und Entourage fahren in schwarzen Bankerlimousinen vor. Seine Begleiter sind die ausersehenen Liebesmänner. Claudio für Hero, dezidiert und direkt und Benedikt für Beatrice, die nur durch verwinkelte shakespearsche Intrigen auf ihre Liebe aufmerksam gemacht werden.

Leiochtfüßig unterhaltsam wie Alexis Denisof als Benedikt mit dem kleinen Busch vor dem Gesicht die Intriganten bespitzelt und nicht merkt, wie deren Falle damit bereits zugeschnappt ist, herrlich wie Amy Acker als Beatrice unterm Küchentisch versteckt den Intrigantinnen lauscht, und nicht bemerkt, dass sie gerade gezielt manipuliert wird. Krumme Wege zu einer schönen Liebe, und wo sie sozusagen auf den ersten Blick funktioniert, bei Claudio, Fran Kranz und Hero, Jillian Morgese, da versuchen böse Intriganten die schnell angesetzte Hochzeit zu hintertreiben, vorerst mit Erfolg. Bis sich die Dinge in Minne auflösen, lets dance.

Man sollte den Film in der Originalsprache hören, man kann sich schnell einhören, leichter noch, falls man das Stück vorher nachgelesen hat. Dann wird der Film zum wahren Gourmet-Stück für den Kino- und Kinokönner-Genießer.

Was mich beeindruckt: dass für alle Beteiligten Shakespeare die oberste Instanz ist und keiner auch nur irgendwie versucht, hervorzustechen mit eigenen „Einfällen“ auf Kosten anderer, grandiose Teamarbeit eben, die Begeisterung fürs Kino und für Shakespeare wecken kann.

The Raid 2

Einzelgänger haben keine hohe Lebenserwartung.
Ein Drama klassischen Ausmaßes über die Bande eines Thrillers gespielt und mit asiatischer Kampfkunst satt gespickt.

Wenn ein Querschläger wie der kaputte Sohn Uco nicht will, nützt jede Friedenspolitik nichts. Das ist der pessimistische Blick auf unsere Welt. Zwei Themen überlagern sich: das Rachemotiv von Rama alias Yuda und die Vatermordgeschichte von Uco.

Ein großes Opus, ein 7-Sterne-Schmaus für Action-Fans, meisterlich, wie Gareth Evans, der Regisseur und Autor, Spannung inszeniert. Erst wird der Ort, die Arena, in der die Auseinandersetzung stattfinden wird, etabliert, meist wie eine Guckkastenbühne, der leere Gefängnisinnenhof vor der großen Schlammschlacht, und auch diese wird mit den anfänglich rumsitzenden, rumlungernden Figuren richtig schön vorbereitet, dann wie Yuda (kann man hier eine Assoziation zum Judas raushören?) ganz langsam, das ist ein weiteres Spannungsmittel meisterhaft eingesetzt, den Holzstil des langstiligen Schrubbers rausdreht, hier Verlangsamung und Close, wie die anderen sich nähern, der Film zelebriert den Aufstand, kaut jeden Bissen, bis auch unser Held mitten im Schlamm liegt. Wie damit auch eines der in diesem Film vielfältigst verwendeten Kampfmittel schön vorgestellt wird, erstaunlich, was sich allein mit so einem Holzstil kampfmäßig bewerkstelligen lässt – später kommen Kampfkrallen, Messer, Hämmer, Schwert, metallener Baseballschläger (melancholisch-bedrohlich, wie der Kämpfer den erst ellenlang auf dem Weg zur Kampf“arena“ scheppernd über steinerne Treppenstufen und steinerne Böden zieht). Auch elegante Locations, die immer theatral vorgestellt werden, edle Discos, Büros, aber auch enge Räume, eine U-Bahn, enge Gänge, Gassen oder Lagerhallen.

Wie im griechischen Drama oft auch der Aufzug des Chores, zahlreiches Begleitpersonal der Kartellbosse oder auch der Polizei. Die große Musik dazu, die den Rahmen üblicher voluminöser Filmorchester weit übersteigt, die Kampfklang und Kampfhektik übernimmt. Durch dieses Etablieren von Szenen gewinnen die Figuren Charakteristik mit der Möglichkeit von kleinen Reaktionen, Erwartungshaltungen, Zweifeln, kleinem Zucken im Gesicht, große Blicke, traurige Blicke.

Rama wird mit allem Drum und Dran als faszinierender Held der Geschichte eingeführt. Ein junger Polizist, verheiratet, ein Kind. In der ersten langen Einstellung wird sein Bruder, der ebenfalls bei der Polizei war, von einem Verbrecherkartell auf einem Feld grausam hingerichtet. Das nährt die Energie und Bereitschaft zur Rache, die Bereitschaft, sich als Undercover-Agent in das Verbrecherkartell einzuschleusen. Rama ist ein verschlossener Typ, ein Niemand mit diesem ruhigen Blick, der sich nicht schnell irritieren lässt; eine vielversprechende Figur, ein Kämpfer, dem man einiges zutrauen wird. Allerdings muss er sich für die Mission erst selbst in den Knast werfen lassen. Kalkuliertes Risiko mit kleinem Fehler behaftet, denn sein Opfer wird zum Krüppel, was ihm drei Jahre Gefängnis einbringt. Das ist zwar gut für die Glaubwürdigkeit aber schlecht fürs Privatleben. Im Knast soll er Kontakte zur Unterwelt knüpfen. Er macht sich schnell einen Namen als schier unbesiegbarer Kämpfer. Szenen, die jeden Freund von Martial-Arts-Filmen Freude machen dürften, wie er allein in seiner Zelle gegen den Ansturm aller Mitinsassen ankämpft, wie er an der Zellenwand die Umrisse eine Mannes gezeichnet hat und mit einer Energie wie aus einer Maschinenpistole dagegen anboxt.

Uco, dem unausgegorenen, verschlagenen Herrensöhnchen des undercover angepeilten Mafiabosses und voller Machtgier ist Rama, der jetzt Yuda heißt, sofort aufgefallen. Der erwehrt sich anfänglich seiner Avancen. Um umso glaubwürdiger sein Angebot anzunehmen, was sich nach seiner Entlassung zwei Jahren später mit einem schönen Job direkt in der Höhle des Löwen auszahlen wird.
Uco will an die Macht, dafür braucht er wieder Krieg mit den anderen Kartellen. Das wird viele, souverän inszenierte Martial-Arts- und Action-Szenen zur Folge haben. Das wird enorme Spannungen zwischen ihm und seinen friedfertigen Vater zeitigen.

Wie mit links oder wie eine Schnapsbeigabe zum Nachtisch fügt Gareth Evans noch schnell eine wahnsinnige Autoverfolgungsjagd hinzu, wobei hier die Kampfarena im Inneren einer Limousine etabliert wird. Yuda sitzt gekidnappt im Fonds zwischen zwei Bewachern. Während der rasenden Verfolgungsjagd durch seinen Landsmann Eka, der es auch bis in die engste Entourage des Kartellkönigs gebracht hatte, muss Yuda noch seine Bewacher überwältigen.

Es scheint dass der walisische Regisseur Evans in Indonesien einen äußerst fruchtbaren Boden für seine Kampfmovies gefunden hat; europäische Inszenierungskunst verbindet sich mit asiatischer Kampfkunst.

Auch das Mittel, mitten in einem Dialog die Stimmen auszublenden, ist wirkungsvoll, die Darsteller nur noch sprechen zu sehen in einer Musik, die erzählt, um welche Gefühlslage und Gefahr es sich handle.
Die Figuren bekommen auch Zeit zum Wundenlecken. Oder wie Gareth Evans seine Kampfszenen abschließt, indem ein oder mehrere Opfer noch liegend zu sehen sind, zum Beispiel im Schnee mit malerischen Blutspuren, -sprengseln getränkt. Eine runde, klassische Erzählart.
Durch die klare Regie kommt jede Darsteller als eine erkennbare Persönlichkeit rüber:
Iko Uwais als Rama/Yuda, Yayan Ruhlan als Prakoso, Julie Estelle als Alicia, das Hammermädchen, Arifin Putra als Uco, Oka Antara als Eka, Alex Abbad als Bejo, Ken’ichi Endo als Goto und die Japan-Connection, Epy Kusnandar als Topan, der Pornoproduzent, Roy Marten als Reza.

Wacken 3D

Dieser Dokumentarfilm von Norbert Heitker erfüllt seinen Zweck, sein Ziel, statt einer Live-Übertragung im Kino, was bei einem mehrtägigen Festival doch schwierig sein dürfte, mittels eines Filmes in sorgfältigem und insofern sinnigem 3D einen Eindruck zu vermitteln von diesem weltbekannten Heavy-Metal-Festival in Wacken. Das liegt irgendwo hinter Itzehoe in Schleswig-Holstein. Kino als unkapriziöser Bericht.

Wobei die Kinoeintrittskarte trotz 3D-Aufschlag deutlich günstiger sein dürfte als der Originaleintritt, man hat die Angelegenheit auf 90 Minuten komprimiert, bekommt genügend Music-Acts zu sehen, zu hören, Blicke ins Back-Stage, Flugaufnahmen von oben von den über 70’000 Zuschauern, ihrer Zeltstadt, ihrer Massen als Publikum mit ausgestreckten Armen oder wilden Ineinanderlaufereien, mit Publikusmsurfen (Leute die auf den Händen der anderen über die Menge getragen und weitergegeben werden), Statements von Zuschauern, wieso und weshalb die weite Anreise, den Dreck erdulden nach einem Regenguss, die Stimmung, die festlich, gewaltlos ist, obwohl man nach Ende der Schlacht auch einen umgekippten, ausgebrannten Wohnwagen findet.

Die sich übertreffenden Feuerwerke, die die Bands während ihren Auftritten ablassen.

Beteiligt waren 2013 Alice Cooper, Alpha Tiger, Annihilator, Anthrax, Anvil, Blaas of Glory, Deep Purple (die treten wahrhaftig noch auf – das ist schon faszinierend, wie so eine Band offenbar auch die heutige Jugend noch anspricht), Doro Fest, Biff Byford, Dr. Living Dead, Kamikaze Kings, Lamb of God, Motörhead, Ragnarok, Rammstein, Sabaton, Dunderbeist, Trivium.

Es gibt einen Nachwuchswettbewerb, daraus sind zu sehen und zu hören God – The Barbarian Horde aus Rumänien, Nine Tresures aus China und Rotten State aus Uruguay. Gewonnen haben die Kanadier. Wobei, dabei sein und aufzutreten in so einem Rahmen für die Nachwuchsband sicherlich schon Bedeutung genug haben dürfte; sie waren die Sieger in ihren Landeswettbewerben.

Ein Massenfestival, manchmal soll die Masse auch Texte der Sänger singen. Motto eines Teilnehmer: Spaß zu haben gegen die schlechten Dinge im Leben; ein verrücktes Publikum am friedlichsten Ort der Welt, ein Musikfestival von Musikfans für Musikfans. Das Publikum liebt es, sich provokant anzuziehen. Zwischendrin gehen Massen ins öffentliche Schwimmbad von Wacken für 2.50 Euro Eintritt; da ist dann kaum mehr Platz fürs Wasser.

Manche sind überzeugt, dass Metal das Leben verändere. Überall prangt das Symbol des Stierkopfes, teils gigantisch aufgebaut. Am schönsten sind die Schlammspritzer nach dem Regen, die von der Leinwand in 3D auf den Zuschauer fallen, ich war schon drauf und dran, mir die Brille putzen zu wollen. Gegen Ende verliert sich der Film in einer Zeitlupen-Improvisation von den wallenden Haaren eines Fans, sein schmerzhaftes Glücksgesicht und ersetzt auf der Tonspur den Heavy Metal mit einer Opernarie. Das ist überirdisch schön.

Drachenzähmen leicht gemacht 2

Heldenepos für kriegerische Buben, die die Familie zusammenführen und für den Frieden kämpfen wollen, die aber nicht vor pädagogisch fragwürdigen Vernichtungsparolen („Vernichte Alpha!“ oder „Wir haben gesiegt und jetzt vernichtet sie!“) zurückschrecken, gleichzeitig jedoch kleinen Zärtlichkeiten und erotischen Knutschereien wie Abgeschlabbertwerden von einer feuchten Drachenzunge nicht abhold sind.

Die Hauptfigur ist ein Bub, Hicks, obwohl er doch schon recht alt sein müsste, denn nach vollbrachten Heldentaten, es gibt wieder brutale Schlachten, hochgradig animiert, und nach dem lässlichen Tod seines Vaters wird er als der neue Chef des Stammes bejubelt.

Der Stamm, das sind alles fantasieschummrige Wurzel-Schrumpel-Hutzel-Figuren. Eine Wurzelschrumpelhutzelwelt wie in den Kinderbüchern für die ganz Kleinen. Diese Menschenwesen halten Drachen wie Haustiere. Es gibt aber nicht nur die braven, folgsamen Hausdrachen, es gibt auch böse Drachen, den Eisspeier, der will alle anderen Drachen einfangen lassen.

Unsere Hauptfigur Hicks, ein zuckersüß sexy gekleideter Püppchencowboy, der will Frieden schaffen. Seine Mutter hatte er nie gekannt. Die sei gestorben. Wie er mutig, kühn, das ist das Bemerkenswerte an seiner Animation, dass er ein Junge ist, der immer ganz ernsthaft seine Projekte verfolgt, gegen den Rat seines Vaters sich mit seinem Drachen Ohnezahn aufmacht, den Eisdrachen Drago zu treffen und mit ihm zu verhandeln statt ihn zu bekriegen, stößt er auf seine Mutter. Diese hatte ein Erbarmen mit den von Drago gefangenen und verletzten Drachen. Sie sorgt heimlich für diese. Eine Verletzung hat auch Hicks aufzuweisen, ihm fehlt das linke Bein. An der Stelle hat er eine Funktionsprothese.

Mit Verhandeln mit Drago ist allerdings nichts zu machen. Der hat sogar magische Kräfte, und verhext Ohnezahn, der sich plötzlich gegen Hicks wendet. Am Ende jedoch nach noch einem und noch einem Suspense-Moment siegt Hicks. Er wird der neue Stammesfürst. Alles huldigen ihm und jubeln ihm zu.

Warum müssen diese animierten Kinderfilme aus Hollywood immer so brutal sein, so wahnsinnig viel überbordende Action haben? Sicher sind es geile Bilder für Kinder, wenn sie mit Drachen die tollsten Kapriolen fliegen und durch die Luft jagen und rasen können wie auf einer hochmodernen Attraktion auf dem Rummelplatz.

Kriegsideologie: „so viele Verluste und wofür das?“, aber im Gegensatz dazu „ein großer Mann ist gefallen… ein Krieger“, groß, tapfer, selbstlos … Heroentum. Amerikanische Kriegsideologie. Dann folgt viel Siegesgegröle und tiefe Verneigung vor dem neuen Herren und Helden … der ja noch ein Bub ist.

Mit Krieg den Frieden wollen, das ist der krasseste Fehlschluss angesichts der neuesten Kriege und ihrer Folgen: Irak, Afghanistan und immer wieder Israel/Palästina.

Dean DeBlois hat das Drehbuch nach der Buchserie von Cressida Cowell geschrieben und auch die Regie geführt.