Eine ganz ruhige Kugel

Mit geschmeidiger Kinohandschrift und mit der entsprechend leichten Kinomusik unterlegt inszeniert Frédéric Berthe diese französische Komödie. Gleich vier Autoren stehen für das Drehbuch: Laurent Abitbol, Martin Guyot, Atmen Kelif, der auch die Originalidee hatte, und Jean-Pierre Sinapi.

Vielleicht zu viele Drehbuchköche, die zwar en detail gut darauf geachtet haben, dass genügend kritisch hingeschaut wird auf das Objekt des Interesses. Dies ist formal das Boule-Spiel Pétanque, das auf einem Plakat im Film als „Petank“ geschrieben ist, dies ist eine Weltmeisterschaft mit allem Drum und Dran an Vorbereitung, mit Funktionären und Managern und bösen Intrigen bis zur Diskriminierung und rassistischem Vorurteil (der arabische Scheich, der sich darüber aufregt, dass ein Araber, also ein Algerier, in der von ihm gesponserten französischen Nationalmannschaft mitspielen soll!).

Anfangs ist der Film ein lässiger Gaunerfilm. Gérard Depardieu als Jack Camboulaze bildet mit Momo, Atmen Kelif, und Zézé, Bruno Lochet, ein kleines Gaunertrio. Sie fahren von Ort zu Ort in Südfrankreich, wo überall Pétanque gespielt wird. Sie spielen um Geld. Sie haben eine Art Trickdiebmethode entwickelt, wie sie als Deppen, die auch gar nicht zusammengehören, anfangen um Geld zu spielen gegen die lokalen Spieler. Die Einheimischen glauben die Show und werden leichtsinnig mit ihren scheinbar sicheren Einsätzen. Schließlich kommt Momo dazu, der den völligen Idioten spielt, dem man zuerst überhaupt das Spiel erklären muss. Gegen den ist spielend zu gewinnen, glauben die Dorftrottel, erhöhen die Spielsumme horrend. Dann stellt sich heraus, dass Momo ein Pétanque-Genie ist.

Nach der exponierenden Grundinfo treten zwei Ereignisse ein, die die Geschichte in Gang setzen. Jacky hat enorme Schulden und die Eintreiber sind keine Sensibelchen. Und übers Fernsehen kommt die Info von der Pétanque-Meisterschaft, bei der viel Geld zu gewinnen ist, wodurch Jacky seine Schulden bezahlen könnte. Er muss nur Momo noch überzeugen, sich von ihm trainieren zu lassen.

Es gibt ein Zwischenspiel im Handlungsfaden. Die Geldeintreiber verlangen, dass Momo für Jacky zu einem nächtlichen Pétanque-Duell gegen einen eben aus dem Knast entlassenen Gegner antritt. Wenn Momo gewinnt, ist Jacky alle Schulden los. Dann könnte eigentlich Schluss sein mit dem Film. Aber inzwischen ist der Faden zur Meisterschaft schon angesponnen.

Momo kommt in die französische Mannschaft und damit in elitäre Kreise, denen es nur ums Geld geht. Hier dominieren arrogante, eingefahrene Funktionäre, die sich ihrer Sache sicher sind und Momo nicht leiden können. Sie werden alles dransetzen, Momo zu verhindern. Er selbst hat sich von Jacky getrennt. Was vorerst auch gut geht. Ab hier wird die Beschreibung reines Spoilern.

Da kommt allerdings Jacky wieder ins Spiel für einen Exkurs nach Algerien, der auch mit einer überraschenden Szene aufwartet, wie Jacky sich in Algerien einbürgern will: allgemeines Erstaunen bei den zahlreichen Menschen, die lieber aus Algerien ausreisen wollen. Gérard Depardieu verarbeitet hier bestimmt und mit galliger Laune die Medienschelte, die er für sein Russland-Auswanderabenteuer kassiert hat. Er wird Algerier wie sein Schützling und logisch, was im großen Finale mit der algerischen Mannschaft bei der WM passieren dürfte.

Ein Frankreich- Sportfunktionärs- und Angebertum-Bashing mit einigen guten Pointen. Wobei die Spannung der Geschichte darunter leidet, dass die Autoren ihren wachen Geist mehr auf die Defizite der Funktionäre, deren Rassimsu, deren Tricks und Verträge, das Mobbing im Sportteam und das Großgetue lenken, statt dass sie mit der Konzentration auf eine Hauptfigur eine Empathie ermöglichen.

Depardieu, und man mag ihn noch so schelten, ist in seiner ganzen Altersmassigkeit nach wie vor eine Wucht, ein Leinwandereignis. Allein wenn er spät im Film selber zur Kugel greift. Seine mentale Vorbereitung für den Schuss. Das ist fast so, als ermögliche das Kino einen Blick in sein Hirn. Und nie ist Kino so gut, als wenn es Unsichtbares sichtbar macht.

… nicht zu vergessen, der helfende Engel, Viriginie Efira als bildhübsche Caroline Fernet, das Gute im Menschen schlechthin in geschäftsgeiler, mieser Männerumgebung.

Die deutsche Synchro ist reine Routine und nicht als ein Pluspunkt zu betrachten.

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