Lego

So eine turbulente Story von überbordender Spielfreude und Fantasie und Spielphilosophie braucht eine Menge Autoren: Dan Hageman, Kevin Hageman, Phil Lord, Christopher Miller und für die Regie mit den Legosteinen und wozu die alles fähig sind, zeichnen Phil Lord und Christopher Miller.

Das Negative vorweg: leider in 3D. Das trübt die Lichtfreude auch hier und wird zur physischen Tortur. Der Film würde bestens und noch fröhlicher funktionieren in 2D – aber das liebe Geld, was nehmen wir für das ganz unspielerische Gewinnmaximierungsstreben der Produzenten eines unbestreitbar unterhaltsamen Produktes doch nicht alles in Kauf.

Ein Legostein ist auf der Spielzeugebene betrachtet, was auf der philosophischen Ebene die Monade oder vielleicht ein Atom ist: ein elementarer Baustein für unendlich viele Phantasiewelten, in jedem Einzelnen sind die Möglichkeiten für alle Vielfältigkeiten schon enthalten, die man bauen kann und die man natürlich auch wieder einreißen muss, um neue bauen zu können, um Stillstand und Erstarrung zu vermeiden.

Die Hauptfigur in diesem Film ist einer dieser elementarsten Spielklötze, eine menschliche Figur namens Emmet, so wie ein Mensch ein elementarer Baustein unserer Gesellschaft ist. Die Masse besteht aus solchen Figürchen, die je nach Betrachtungsweise eben nur Massenware oder, wie es sich hier herausstellen wird, etwas ganz Besonderes sein können. Hintergrundinterpretation: das Spielen und seine Kreativität macht das Besondere.

In der Legowelt in unserem Film entsteht nun folgender Widerspruch: Lord Businessman möchte, wie später der Vater des Buben, die aufgebaute Legowelt für die Ewigkeit haltbar, starr machen, festkleben, sie gewissermassen dem lebendigen Wandel und der Spielfreude der Fantasie entreißen. Und nur ein Legostein, der etwas ganz Besonderes ist, der kann den Lord Business von dieser legoverbrecherischen Absicht abhalten.

Anfangs feiert die Masse der Legomännchen, die werktätige Bevölkerung also, mit einem Song, der findet „hier ist alles super“, das Atmen, das Lächeln, den Frühsport, das Duschen, das sich Waschen, das Frühstücken, den Weg zur Arbeit, die Arbeit. Massen von Legomännchen machen das in entzückenden Miniaturwelten. Millionen von Menschen oder Legomenschen leben so ihr Leben in der Masse und arbeiten und bauen auf und die Arbeit wird am Ende wieder zunichte gemacht und sie finden alles super.

Aber der Kaffee ist verdammt teuer, erst kostet er 37 Dollar und ein paar Minuten später schon 42. So wird einem der 3D-überteuerte Eintritt doch gleich schmackhaft gemacht.

Unser Biedermann, unser Jedermann, unser Emmet wird jetzt plötzlich für diesen Besonderen gehalten und damit mit Erlöserqualitäten und -erwartungen konfrontiert. Das setzt gewaltige Befreiungs- und Verfolgungsaktionen in Gang, Turbulenzen über Turbulenzen und jede Menge Referenzen an und Durchquerung von anderen Spieluniversen, eine Spielzeugweltreise.

Wenn Emmet mit der wilden Wildstyle Lucy auf der Flucht ist, so wird ganz schnell aus Legoteilen, die überall zu finden sind, ein Zaubermotorrad zusammengebaut oder wenn’s noch gefährlicher wird ein U-Boot. Man landet in der Wild-West-Stadt und will doch den Präsidenten Lord Business im Hochsicherheitshochhaus unschädlich machen, der am Tako-Dienstag das ganze Universum verkleben will.

In einer Hochhausstadt, die auch eine Spielstadt sein könnte. So wie sie am Ende die Spielstadt des Vaters im Keller seines Hauses ist, der dem Buben das Spielen und Berühren der Steine verbieten will. Aber selbst wenn ein Kind spielt, so hat es immer ein jüngeres Geschwister, was alles wieder zusammenhaut. Das hält die Legowelt am Laufen.

Die hier praktizierte Legophilosophie geht von einer Atomisierung der Fantasie vor dem Aufbau neuer Gebilde und Fortbewegungsmittel und Häuser und Fantasiewelten aus. Genialer Trickumgang mit einem genialen Spielzeug; was durch seine einfache Elementarhaftigkeit jegliche Kompliziertheit in sich enthält, man muss nur genügend Klötze haben.

Eine wunderschöne Szene: wie ruchbar wird, dass Emmet nicht der Auserwählte ist und die drei, er, Lucy und noch der Blinde, der Seher als dritter, Emmets Gehirn erkunden, da finden sie nichts als Leere, gähnende, weltraumgroße Leere und Ebene und wie Emmet sich das bewusst macht und merkt, dass das der Platz für die Fantasie ist, dass sein Kopf nicht zugestellt ist, so entsteht plötzlich ein monsterhaftes Fantasiegebilde.

Dann gibt’s einen Ausflug nach Wolkenkuckucksheim. Dorf dürften die Zuschauer viele Bekannte aus anderen Geschichten antreffen, dort dürften sie viel aus ihrem eigenen Wolkenkuckucksheim wiedererkennen. Auch Abraham Lincoln macht eine kurze Bemerkung, dass gegen das, was sie hier vorhätten, nämlich den Präsidenten Lord Business am Verkabbeln der Spielklötze zu hindern, dass dagegen die Abschaffung der Sklaverei ein Klacks gewesen sei. Harte Bandagen für die Freiheit des Spiels.

Auch lernen wir, wozu eine bescheuerte Konstruktion von Doppelcouch mit eingebautem Trinkgefäßhalter doch alles gut sein kann – wenn man denn die nötige Fantasie aufbringt. Den Rollatorkampf haben wir allerdings woanders auch schon gesehen.

Einen eigenen ethischen Stellenwert bekommt der Begriff der Meisterschaft. Die Rede ist von den Meisterbauern, das sind die genialen Spieler, die Architekten der Legowelt, sie sind die gelobten Figuren in diesem Film.
Auch der Zuschauer sollte das Meisterbauertum anstreben, ein Fantasiebauer – oder ist er doch nur eines der Legomännchen, die jetzt bittschön zu Millionen finden sollen, alles sei super, auch dieser Film hier?

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