Bekas

Wie doch die Erinnerung die Vergangenheit in schönem Lichte lauschig und romantisch erscheinen lässt.
Karzan Kader, der kurdische Autor und Regisseur dieser schwedisch-finnisch-irakischen Koproduktion, ist im Alter von 6 Jahren, so steht es im Presseheft nachzulesen, 1988 mit seinem Eltern aus dem Irak geflohen, denn es war die Zeit der Kurdenverfolgung unter Saddam und des Irakkrieges. In Stockholm hat er Film studiert und als erfolgreiche Abschlussarbeit einen Kurzfilm „Bekas“ gedreht. Hier haben wir den Langfilm dazu.

Kader hat seine Geschichte rührend auf zwei Waisenknaben, deren Eltern von den Häschern von Hussein umgebracht worden sind, verändert. Die unzertrennlichen Brüder Zana und Dana, die sich andauernd verlieren auf der Flucht und wiederfinden. Trotz schlimmer Dinge, die sie erleben, wirkt diese Flucht wie ein wunderbares Abenteuer von Knaben im Sommerurlaub, obwohl immer wieder gesagt wird, sie würden stinken in ihren bescheidenen Klamotten. Stereotyp wird die Geschichte noch durch eine erste Liebesgeschichte des älteren Bruders mit einem Mädchen angereichert.

Eine schöne Szene ist eine der exponierenden, die uns erklärt, woher die beiden Knaben ihre Traumvorstellung von Amerika haben, wohin sie ohne jede Recherche abhauen wollen. Diese Vorinformation erhalten sie aus dem Kino. Das können sich die beiden Buden zwar nicht leisten. Aber in der Kuppel über dem Kino gibt es ein kleines Fenster. Zu dem kann man waghalsig hochklettern und sieht dann Batman und was der alles kann. Bubenträume, die die beiden wahr werden lassen wollen.

Die Beschreibung des Dorflebens wirkt vereinnahmend, die Hektik in den engen Gassen, wie die beiden Jungen als Schuhputzer sich durchschlagen, wie sie einen Vertrauten, den blinden Alten, haben. Wie der stirbt, hält sie nichts mehr. Mit einem Esel machen sie sich von dannen. Das ist hochromantisch. Zwei junge Waisenknaben mit einem Esel auf der Flucht im Nahen Osten. Das erinnert an biblische Bilder.

Auch wenn auf der Flucht wirklich gefährliche Dinge passieren, wie sie sich unter Lastwagen festklammern, um über Polizeisperren zu kommen, wie sie beinah erstochen werden bei der Grenzkontrolle, wo sie in einem Sack mit Sonnenblumenkernen versteckt sind, wie der Fahrer sie nachher mitten im Niemandsland rauswirft, entsteht der Eindruck, der Regisseur wolle seinem neuen Heimatland Schweden dankbar Bilder aus dem schönen Kurdistan seiner Erinnerung liefern.

Diese Absicht allerdings gerät in Konflikt mit der eventuellen Absicht, eine glaubwürdige, atemberaubende Geschichte zu erzählen. Vielleicht war die Entscheidung einfach zu rührselig, sich für zwei Waisenknaben, und dann noch so hübsche und lebendige, auch wenn der Jüngere fast immer nur schreit, zu entscheiden, statt näher bei der eigenen Realität zu bleiben. So wirkt denn der Film als typischer „Ausländer“film, als Entwicklungshilfefilm, die guten, humanistischen Schweden gönnen einem armen Kurdenjungen, einen Film über sein Leben zu drehen.

Immerhin lernen wir, zu einem drängenden Problem auf so einer Flucht kann das Bedürfnis zu Pinkeln werden, speziell wenn es im Versteck stattfinden soll. Dagegen hilft keine noch so aufgemotzte Filmmusik, die sich gelegentlich fragen muss, ob sie den Film wirklich verstanden hat

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