Madame empfiehlt sich

Abgängige Diva entkommt ihrem Divensein nicht.

Der Zuschauer dieses Filmes von Emanuelle Bercot, die mit Jérôme Tonnerre auch das Drehbuch geschrieben hat, kommt in den exklusiven Genuss, zwei Kinostunden wie privat mit dem Faszinosum des großen französischen Filmstars Catherine Deneuve in der Rolle als Bettie verbringen zu dürfen.

Auslöser für diesen kleinen, privatistischen Roadtrip von Bettie durch halb Frankreich ist ausgerechnet ein höchst gesundheitsschädliches Gut, auf jeder Packung steht es geschrieben „Rauchen kann tödlich sein“, der Mangel an Zigaretten nämlich.

Früher hieß es, für eine Camel geh‘ ich meilenweilt. Markenwerbung ist in diesem Film allerdings nicht identifizierbar, vielleicht hat ja die Tabakindustrie als Ganzes in getarnter Manier den Film mitfinanziert, denn was so eine Diva tut, das kann nicht schädlich noch tödlich sein, bringt der Raucherei ein gutes Image, verleiht ihr den Status von Startum.

Obwohl das Drehbuch recht nonchalant skizziert wurde, mehr aus dem Gefühl heraus, so wird doch gerne, was ein französischer Filmmensch anrührt, gleich großes Kino, erst recht mit der Deneuve, die französisches Kino ist, obwohl dieser Film garantiert noch für den einfältigsten Zuschauer nicht zu schwierig sein dürfte und auch ganz gut als Hintergrundfilm laufen könnte, sei es in dem Bettengeschäft, in dem sie einmal in einem Ausstellungsbett übernachten darf, nachdem sie eigentlich nur kurz wegen Zigaretten von ihrem Zuhause, einem Restaurant in der Normandie, weggefahren ist, oder auch in einem französischen Reisebüro, so ist es schwer, sich dem Flair und der darin enthaltenen Kinogeschichte von Frau Deneuve zu entziehen.

Es bleibt dank der Unangestrengtheit von Drehbuch und Inszenierung genügend Zeit, sich mit diesem irgendwie kaum gealterten, nur etwas rundlicher gewordenen Filmgesicht zu beschäftigen, nicht nur mit dem Gesicht, mit der ganzen Person, auch wenn sie im Nachthemd dasteht oder zweifelnd im Auto fährt oder ihrem aufgeweckten, quirligen Enkel einen Klaps verpasst. Immer ist die Frage, gibt es bei so einer Ikone noch einen Unterschied zwischen privat und öffentlich? Ist da nicht alles Pose und Präsenz? Wie viele solcher Gänge hat sie schon dem Meer entlang gemacht, wie hier in der Eingangsszene, mit der Kamera hinter ihrem voluminösen Haar? Mit wie vielen Männern hat sie schon vor der Kamera im Bett gelegen, so wie hier schließlich – es wird sich die auseinanderdividierte Familie bei ihm einfinden – mit dem anderen Opa des Enkels Charly? Wie steht es mit dem Sex beim alternden Sexsymbol? Die Frage stellt der Enkel, natürlich nicht an das Sexsymbol, sondern an die Oma gerichtet, wann sie es das letzte Mal erlebt habe. Das zeigt, dass dieser Film sich für lebenspraktische Dinge interessiert.

Das Sexsymbol kommt natürlich auch noch vor. Der Anlass ist ein Fotoshooting für einen guten Zweck der ehemaligen Regional-Missen von Frankreich von 69 (Bettie als Miss Bretagne). Auch diese Zahl kann der Enkel schon sehr gut einem bestimmten Lebensbereich zuordnen.

Ein entspanntes Roadmovie aus nervösem Anlass; es kommt einem vor, als hätte die Filmemacherin fortlaufend die Handlung erfunden und dann habe man das schnell gedreht, als habe sie sich fast ein bisschen treiben lassen. Insofern sich der Film um eine wahrhaftige Ikone dreht, wird er doch ein recht erträglicher, ein Film, der sich mit dem Thema altern eigentlich beschäftigen will (der Opa: „Endstation, alles aussteigen“); das schummelt die Deneuve elegant und vollprofihaft weg.

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