Wie kann ich mit einem Kinoprojekt schnell an Geld kommen? Man schaue sich auf dem Bestsellermarkt um, sichere sich den Titel für einen Überraschungsbestseller, der nicht allzu personenintensiv ist (3 Hauptdarsteller und einige Nebenfiguren ohne Belang), „Am Hang“ von Markus Werner; man hole sich einen Letter of Intent von namhaften Darstellern (Henry Hübchen, Martina Gedeck); so dürfte der Hauptteil der Finanzierung schon in Aussicht sein; da es sich um ein Schweizer Produkt für den deutschen Markt handelt, spreche man die entsprechenden, potentiellen Geldgeber an.
Parallel dazu setze man zwei Schreiber (Martin Gypkens, Klaus Richter) an die Computer; die gehen nun Seite für Seite den Roman durch, schreiben erst mal die direkten Dialogsätze raus oder formen Sätze aus dem Roman zu solchen Sätzen um. So wichtig ist das aber nicht mehr, denn die Geldgeber haben bereits auf Grund eines kurzen Treatments von vielleicht einer halben Seite, der Verkaufszahlen des Bestsellers und einem Blick auf die Stab- und Castliste (als Regisseur nimmt man noch den in der Schweiz bekannten Namen Markus Imboden) ihre Zusage signalisiert; das ganze Buch zu lesen, erst recht es auf Kinotauglichkeit abzuklopfen, dürften die meisten Geldgeber weder Lust noch die Fähigkeit und vermutlich auch nicht die Zeit haben – es gibt ja soo viel wichtigere Dinge auf der Welt.
Nun müssen schnell die Drehtermine und die Locations gefunden werden. Die Verträge geschlossen. Da es sich um einen idyllischen Schweizer Seeuferfilm mit einer Prise Tumorfilm handelt, also einige schöne Hotels am Wasser und vielleicht noch eine Berghütte. Und schon kann der Routinedreh, für den keiner so richtig Zeit und Lust hat, beginnen. Jetzt wird lieblos runtergekurbelt, was die Drehterminierung fordert. Jetzt kann die Subventionsmaschinerie abgemolken werden.
Die Schauspieler haben vor lauter Textmengen und Anschlussbeschäftigungen vor und nach dem Dreh keine Zeit, sich vorzubereiten, der Regisseur auch nicht. So behilft sich denn ein Henry Hübchen, der unbestreitbar ein prima Darsteller ist, mit reiner Routine, mit einigen Energieausstößen und vielen Hebungen am Ende der Sätze (so wie Tänzer ihre Partnerinnen heben).
Es geht um eine Dreierkonstellation. Seine Frau, die mit dem Tumor, hat ihn verlassen. Er kommt nicht von ihr los. Er hat sich in einem Hotel mit Sicht auf ihr Hotel einquartiert und beobachtet ihr Zimmer mit dem Fernrohr. Auf der Veranda des Hotels lernt er den dritten Hauptdarsteller dieses Filmstückes, was den Begriff Kino nicht verdient, kennen. Sie kommen ins Gespräch. Dieser Dritte war das Zweitverhältnis von Hübchens Gattin.
Die Darstellung wirkt, da kaum Zeit war, in etwa so, als hätten die beiden Hahnreie auf der Schauspielerebene sich für einen Wettbewerb entschieden, wer seine Texte routinierter wegsprechen könne. Das ist das Unterhaltsame an dem im übrigen nicht sehr erhellenden 91-Minuten-Teil, das stellenweise wie ein auswendig gelerntes Drehbuch-Reading anmutet.
Fürs Kulturpublikum soll attraktiv eine Rolle spielen, dass er Cello spielt und sie Klavier, so kann man, wenn man die beiden einmal hat spielen sehen, diese Musik drüber legen, denn ihre Sinnigkeit wurde plausibel eingeführt.
Spät im Film kommt noch des Rätsels Lösung, wozu das Ganze; es ist die Referenz auf ein Gedicht von Conrad Ferdinand Meyer: Die Füße im Feuer. Das ist nun tatsächlich eine Überraschung. Die einzige.