Frau Ella

Hier hat Dirk Ahner nach einem Roman von Florian Beckerhoff eine fast schon klassische Geschichte geschrieben: ein egomaner Held, Matthias Schweighöfer als Sascha, verliert sich erst in Unklarheiten und dann seine Freundin und findet auf einem ausgeflippten Road-Trip mit seinem Kumpel Klaus (August Diehl) und Frau Ella (Ruth Maria Kubischek) zu sich und seiner wahren Liebe, kann auch zu seinem Kind stehen und will sein Medizinstudium ordentlich zu Ende bringen. Markus Goller hat inszeniert.

Es dauert gegen eine Stunde oder sogar länger, bis das Roadmovie ins Rollen kommt. Denn die Augenverbände in Berlin, die Augenverletzungen, das Zusammenführen der Protagonisten in Berlin, nehmen viel Zeit in Anspruch mit Dingen, die verlorene Erzählzeit sind, weil sie viel zu viele, viel zu unwichtige Dinge – und dazu noch teils unglaubwürdig gespielt – berichten.

Wie Sascha mit seiner Taxe durch Berlin fährt, wie er völlig uncool seine Freundin mitnimmt und dann rausschmeißt. Wie er durch Berlin rast. Bis er schließlich im Spital aufwacht. Neben ihm eine alte Schnarcherin. Der Taxifahrer beschwert sich, er habe doch Einzelzimmer. Haben Taxifahrer wohl selbstverständlich.

Die ersten Begegnungen mit der zweiten Protagonistin, Frau Ella, die einen ebenso merkwürdigen Augenverband hat. Noch nie gesehen, Augenverbände, die ausgerechnet die Augäpfel freilassen! Damit wir dich besser sehen können? Und in jeder neuen Szene leicht anders geklebt und nie eine Arztvisite. Kein gutes Zeichen, wenn man sich als Zuschauer mit solchen Details beschäftigt.

Auch das Beschnuppern der beiden Augenpatienten passiert schlecht kindertheaterhaft. Ruth Maria Kubischek wirkt erst wie von einem anderen Stern, sie der öffentlich-rechtliche Fernsehstar, der es gewohnt ist für das Ü-60-Publikum besonders langsam und deutlich wie auswendig gelernt zu sprechen, wirkt erst wie ein Fremdkörper auf der Leinwand.

Und dann das Kuddelmuddel. Komischerweise interessiert sich der Sascha für ihre Krankengeschichte und will sie vor einer garantiert tödlichen Operation retten (passt schon nicht zur bisherigen Exposition der Figur). Ach ja, es ist eine Bemerkung fallen gelassen worden, er sei ein abgebrochener Mediziner; aber so kundig wie er sich hier gibt, so hätte man das aus der Bemerkung nicht schließen können.

Im Hinblick aufs Ende könnte der Film auch heißen „dem Tod mit einer schönen Reise nach Frankreich in einem Cabrio noch ein Schnippchen schlagen“.

Das bedeutet: Flucht aus dem Spital der zwei Augenpatienten, wirklich nicht originell und schon hundert Mal spritziger und temporeicher gesehen. Dann hockt die Handlung in der Wohnung von Sascha. Bevor aber die Menschen in ihrer neuen Situation zur Besinnung kommen, hat Frau Ella eine Idee, die an den Haaren herbeigezogen scheint, im Film jedenfalls jeglicher Vorbereitung entbehrt, nämlich den beiden Freunden Klaus und Sascha eine Ruine zu zeigen, die im zweiten Weltkrieg ein Spital gewesen sei. Und diese erst wird zum auslösenden Katalysator für die Parisreise werden. Himmel, und schon über eine Stunde vorbei. Ein Film, der über eine Stunde lang seinen Einstieg sucht. Der Roadtrip wird die Phase des Filmes, wo die drei Hauptakteure endlich zusammenwachsen und den Film in Frankreich kurzzeitig zum gefühlvollen, anrührenden Melodram runden können. Das hat jetzt aber gedauert.

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