Wer hat Angst vorm weißen Mann (TV ARD)

Der alte Metzger Rissmeier verlässt, gestützt von seiner Tochter und mit einem Stock in der Hand das Krankenhaus. Er hinkt. Später erfährt man, mit seinem Arm sei etwas nicht in Ordnung. Arm oder Bein, das ist hier die Frage.

Der Metzger ist ein grobschlächtiger, dumpfer Bayer, ein Sturbolzen, so uncharmant, wie das dumpfeste Klischee es nicht hergibt. Weil er im Laden ausfällt, hat Tochter Zita den Flüchtling Alpha Makambo aus dem Kongo, genauer gesagt, aus einer Asylunterkunft, engagiert. Der ist ein studierter Ingenieur, scheint aber auch das Metzgerhandwerk perfekt zu beherrschen. Der alte Metzger ist entsetzt. Weißwurst von schwarzen Händen zubereitet, das geht nicht. Und nicht nur für ihn, kann man sich ja denken.

Bei einer von Wolfgang Murnberger, dem Regisseur dieses Filmes, ziemlich flüchtig inszenierten Rangelei zwischen Metzger und Alpha, weil dieser eine Glühbirne ersetzen will, kommt der Metzger zu Tode. Das hat allerdings nicht die geringste kriminalistische Nachfrage zur Folge.

Folge ist der Streit ums Erbe, denn der Metzger hat nicht nur die brave Tochter Zita, sondern auch den bösen Sohn Anton, der mit einer Zwiderwurz von Frau zusammen ist und gierig auf das Erbe. Und der andere Vorstellungen von der Zukunft der Metzgerei hat als Vater und Schwester.

Konflikt liegt in der Luft. Und wie löst die Autorin dieses Filmes, sie heißt Dominque Lorenz, das Problem? Sie lässt den Geist des toten Metzgers sich in einer angesichts der heutigen Möglichkeiten der Computertechnik armselig gelösten Szene aus dem Körper des toten Metzgers entsteigen. Dieser Geist des dumpfen Metzgers wird nun ein guter Engel, der die Konflikte der Hinterlassenen lösen hilft. Der Konflikt ist allerdings ein doppelter, was nie gut ist für eine Geschichte. Einerseits geht es um Rassismus, ein Schwarzer in einem schwarzen bayerischen Dorf. Andererseits geht es um übliche Erbstreitigkeiten, wie sie jedes Bauerntheater kennt. Beides durchaus abendfüllende Konflikte. Frau Lorenz aber traut sich beides zu und glaubt wohl, mit ihrem Kunstgriff der auferstandenen Seele, der Sache zu dienen.

Dazu setzt Frau Lorenz noch voraus, dass alle Afrikaner Voodoo betreiben. Und dadurch in der Lage sind, mit Geistern Verstorbener zu kommunizieren. So wird Alpha zum Medium des Metzgers. Der Schwarze zum Medium des Rassisten, denn auch als guter Engel bleibt der Metzger weiter Rassist: „Alpha tu was, ich bin für die Gleichberechtigung für die Schwarzen und Weißen – in Südafrika“, „Ich bin der Kopf, Du bist der Körper“, „ Alle Menschen sind gleich, nur mit verschiedenen Hautfarben“, setzt den Schwarzen dafür ein, den Hickhack der weißen Geschwister um die Hinterlassenschaft zu klären, seinem Töchterchen zum Recht gegen den hinterhältigen Bruder zu verhelfen: handfester Missbrauch eines Schwarzen aus Afrika durch einen dumpfen Schwarzen aus Bayern. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

Das erste vernehmbare Wort im Film beim Verlassen der Drehtür durch den Metzger ist übrigens ein Wort mit „Scheiß…“, wobei mir der zweite Wortteil unverständlich geblieben ist. Bis zum glücklichen Ende, nämlich einem gemischt bayerisch-afrikanischen Laden „Alpha bis Zita – Senf und Tamarinde“ wird es noch viele lieblos-routiniert inszenierte Szenen ohne jeden Charme, ohne Warmherzigkeit und strotzend vor Klischees und Auftragserfüllungsschauspielerei geben. Mit ganz wenigen Ausnahmen uninspirierte Für-Geld-Routine-Schauspielerei gegen mutmaßlich begehrenswerte öffentlich-rechtliche Gagen. Murnberger und die BR-Redaktion liessen es geschehen.

Und die Moral von der Geschicht? Von öffentlich-rechtlichem Interesse ist sie nicht. Es sei denn, das Öffentlich-Rechtliche möchte mit Rassismus, Aberglauben und Dummheit in ein Boot sich setzen.

2 Gedanken zu „Wer hat Angst vorm weißen Mann (TV ARD)“

  1. Der Beitrag von Stefe zeugt von einer großen Anspannung bei dem Thema Migration und Klischees.
    Habe in meinem Leben schon viele uninspirierte Filme und Geschichten gesehen und erlebt.
    Aber der Film „Wer hat Angst…“ hat eine Leichtigkeit, Schwere und Härte darzustellen, die mich
    sehr sehr erfreut hat.
    Ich wohne im Rheinland in der Provinz und erlebe die Härte im Umgang mit „Migranten“ täglich mehrfach.
    Machen wir uns nichts vor, dieser Film ist noch sehr sehr liebevoll mit diesem Thema umgegangen.
    Wir alle denken nun einmal in Klischees, weil wir Menschen sind.
    Einen schönen Abend noch 🙂

  2. Vielen Dank, Jupp Runge, für Ihre freundlichen Beitrag.
    Sie weisen dabei auf einen interessanten Zusammenhang bezüglich Diskriminierung und Rassismus hin, nämlich die Angespanntheit des Zuganges. Die Alternative dazu wäre ja: Lockerheit des Zuganges. Dabei fällt mir auf, dass es gerne eine besondere Lockerheit und Flapsigkeit mit Sprüchen hinsichtlich des Andersseins einer Person ist, mit der Diskriminierung, Rassismus (und auch Mobbing) häufig beginnen, wovon im übrigen lange nicht nur Immigranten betroffen sind.

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