Man of Steel

Wieder ein perfekter HIN-Film, ein Film perfekt nach Hollywood-Industrie-Norm. Eine solide Story, stabil tragfähig um einen Besitzstreitkonflikt herum gebaut, der in einem Vorspiel ausgebreitet wird.

Klassisch der Konflikt, klassisch die theatrale Inszenierung dieses Vorspiels, schön gesprochen wie bei Shakespeare; Eröffnungstehpartie in einem Bühnenbild in einer Stilmischung von anthroposophisch (alles Rundungen) bis zu Art Deco, Hokuspokus-Brimobrium an Ranken und Verzierungen und Pflanzenknollen- bis Vaginaelementen und einem Schuss Archaik. In diesem Wust-Wulst wird erzählt, dass auf dem fernen Planeten Krypton seit Jahrhunderten wieder ein biologisches gezeugtes Kind zur Welt gekommen ist, Kal-El als Sohn des Forschers Jor-El. General Zod ist nun scharf auf den Gen-Kodex dieses natürlichen Menschen. Aber der biologische Vater schickt den Säugling in einer knollenförmigen Kapsel ins Weltall, um sie vor dem Untergang von Krypton zu retten. Der General schwört, den Säugling zu finden und ihn für den Wiederaufbau von Krypton nutzbar zu machen.

Schnitt. Kal-El ist inzwischen auf der Erde gelandet, in Kansas und wird hier als Clark Kent von biederen Farmern auf dem Land, wie Amerika nur ländlich schön und paradiesisch sein kann, aufgezogen.

Von der Etablierung des Verfolgungs- und Kodexbeschaffungskonfliktes bis zum Endkampf zwischen dem General und dem längst erwachsenen Kal-El, bleibt nun viel Filmzeit zu füllen vor allem mit Schlachten (dadurch Überlänge des Filmes erreichend; dies und ein vollkommen überflüssiges 3D sollen für erhöhten Umsatz an den Kassen sorgen und damit für eine bessere Positionierung in den Charts, auch das eine sich für clever haltende HIN-Norm-Kalkulation), und weiteres Füllmaterial aus Rückblenden und einem absolut stereotypen (nach HIN-Norm) Ansatz zu einer Liebesgeschichte mit einer Reporterin.

Die Schauspieler selbst sind auch nach Norm besetzt, Talent ist nicht die Frage, mehr die Proportionen des Gesichtes, Weichheit und Härte je nach Geschlecht und beim Mann allenfalls, wenn er der große, starke Held ist, für ein paar Bilder noch der Muskelbau des Oberkörpers für einige sparsam eingesetzte Halbnackt-Aufnahmen, wirkungsvoll, wenn er einen aus Brandgründen einstürzenden Ölbohrtum mit seinem Oberkörper solange stützt, bis der Rettungshelikopter mit überlebenden Arbeitern noch abfliegen kann, zwar nicht Weltenträger wie Atlas, aber immerhin Ölplattform-Eisengestänge-Stützer.

Einmal sieht unser Hauptheld mit Bart und schwarzem Haupthaar ähnlich aus wie das Klischee vom islamistischen Terroristen. Weiteres Füllmaterial in diesem Film sind Rückblenden auf die irdische Kindheit von Kal-El als Clark Kent. Amerikanischer Landbub und glücklich. Aber wie einige Beispiele zeigen, mit außerordentlichen Kräften ausgestattet. Und, das wäre vielleicht ein wirklich spannendes, zeitnahes Problem, wie die Menschen umgehen mit einem, der nicht so ist wie sie, der über einige extravagante Eigenschaften, heldische, supermanhafte, verfügt; sozusagen die Herausforderung der Herrschaft der Mediokrität, das wäre ein Thema, wird hier allerdings mit dem Halbsatz abgetan, dass es nicht gut für die Menschen sei, davon zu erfahren. Also im Moment, wo der Film auf ein Thema stößt, was leicht innovativ behandelt werden könnte und sicher einen Zeitgeist träfe, wendet er sich ängstlich ab und seiner alt-vertrauten HIN-Norm-Alität zu. Die einem alles in allem hinlänglich und bis zur Reizlosigkeit bekannt und wiedergekäut vorkommt, mag der eine oder andere Fan vielleicht eine neue Ranke in dem Deko- und später Schlachtenwust entdecken.

Ein Schulbusunfall lässt eine dieser hervorragenden Eigenschaften sichtbar werden. Retten – und dafür schräg angeschaut werden; kein Wunder, wenn ein etwa zehnjähriger Schulbub einen abgesoffenen Schulbus von Hand aus den Tiefen des Wassers ans Ufer schiebt. Talente, die besser verborgen bleiben. Nicht anders wird es auf einer Station im Eis der Armee passieren. Dort will eine Bildjournalistin Fotos machen und entdeckt dabei Sensationen, die keiner wahrhaben oder dokumentiert haben will.

Auch ein Hurrikan kann zu so einer Herausforderung werden. Wobei die Macher dieses Filmes, es sind Zack Snyder als Regisseur und David S. Goyer und Christopher Nolan als Drehbuchautoren, die die Comics von Jerry Siegel und Joe Shuster als Recyclingmaterial benutzen durften, weniger an den Reaktionen der Mitmenschen auf tollkühne Heldenaktionen, als auf Ausmalung der Folgen eines Hurrikans wert legen; was der Erzählspannung nicht sonderlich förderlich ist. Um das auszugleichen wird ein melodramatisches Moment hineingezwängt, wie es darum geht – der böse General ist inzwischen auf der Erde aufgetaucht – den entdeckten Krypton-Flüchtling gefangen zu nehmen, und die Fotografin sich freiwillig als Mitgeisel meldet. Herzlichkeit aus der Kommandoschublade.

Dass General Zod es also geschafft hat, aus der Verbannung in der Phantom-Zone zu entkommen, öffnet das Ventil zu unendlich vielen Schlachtenbildern, laut, lauter am lautesten, rettungslos und zu vielen post-9/11 Hochhauseinsturzreminiszenzen.

Der Satz „he did it“ bringt leider noch keine Erlösung. Erst mit dem Satz: nur einer von uns zweien kann diesen Kampf überleben und ich war erzogen, ein Krieger zu sein, das zum braven Bub aus Kansas gesagt, nähert sich dem Zuschauer allmählich die Erlösung von der 3D-Brille, während die computeranimierte Effektmaschinerie nochmal auf Hochtouren zur definitiven Agonie sich aufbäumt.

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