Janky Promoters (DVD)

In diesem Movie feiert aufgeblasenes Provinzlertum krass-schräge Urständ im Rappergewand.

Ice Cube, der auch das Buch geschrieben hat, spielt in der Regie von Marcus Raboy den Musikpromoter Russell Redds, dusseliger geht’s nicht, pompöser parfümiert von sich selbst eingenommen geht nicht. Ihm ist es immerhin gelungen, mit seinem ihn an Dilettantismus und Tölpeltum noch übertreffenden Geschäftspartner Jellyroll einen berühmten Rapper ins abgekackte Provinznest Modesta (die Bescheidene – „hier kommen die Leute her, wenn sie auf der Flucht vor der Polizei sind“) für einen Auftritt im großen Musical-Theater „Mercy“ (Gnade, Mitleid) zu holen.

Was schief laufen kann, läuft schief. Der Vorverkauf dümpelt. Die Limousine, die den Rapper und seinen Manager abholen soll, taucht gar nicht erst auf am Flughafen. Statt des 5-Sterne-Hotels muss der Rapper mit einer drittklassigen Motelabsteige und aufdringlichen, aufgemotzten Zimmermädchen Vorlieb nehmen. Das eine knüpft sich den Manager vor, lässt sich dabei erwischen und denunziert ihn vor der Polizei. Worauf die Figur im Film nichts mehr zu suchen hat. Denn auch ohne Manager können die Verwicklungen und Pleiten ganz gut weitergehen.

Alle wollen Geld. Keines ist da. Die Kreditkarten von Russel geben nichts mehr her. Sein Kumpel ist der einzige, der noch ein Geld beschaffen kann, verschleudert dieses umgehend in eine beschissene Fälschung einer sündteuren Uhr. Die Mama von Russel ist eine Crack-Kocherin auf Bewährung. Das musikalische Untalent von seinem Sohn, das Russell als Vorgruppe einsetzt, schafft es, das Publikum gegen sich aufzubringen. Seine Frau ist eine herrlich aufgedonnerte B-Movie-Bellezza mit grellen Perücken, die auf High-Heels den Staubsauger über den Teppich führt und zwischendrin, kurz vor dem Konzert, ihrem Göttergatten mit einem Blow-Job hilft, Dampf abzulassen.

Und obwohl der Rapper, weil er nur gegen Vorkasse spielt und Russell ihm nichts zu bieten hat, sein Konzert im „Mercy“ gar absagt (stattdessen gibts Randale; das Publikum will die Bude auseinandernehmen), schafft der Filmemacher Ice Cube es mit einer sorglos dramaturgischen Wendung, die eher im nahen Umfeld der Selbsttäuschung anzusiedeln ist, die Promotoren am Ende als die großen Kings dastehen zu lassen. Ein Lob auf die Provinzialität des Musikgeschäftes mit so vielen Musiknummern, dass der Abspann des mit 80 Minuten eh schon kurz geratenen Filmes über vier Minuten in Anspruch nimmt.

Alexandre Ajas Maniac (DVD)

Ein Mann stalkt eine Frau, die sich eben von ihrer Freundin verabschiedet hat. Er kennt sie, er weiß, wie sie heißt, Judy. Er, das ist Frank mit der gedeckten Stimme. Fahrt im Auto durchs Nachtleben. Subjektive von Frank. Der Zuschauer in die Perzeption des Täters versetzt. Ein Remake von Maniac by Willem Lustig. Der Mann ist ein Skalpjäger. Checkt Kontaktbörsen im Internet, Red Lucie 86. Er nennt sich der Schüchterne. Denn es ist das erste Mal. Zarte Männerbilder von sich selbst. I am looking for new experiences too. Blind-Date im Lokal. Wieso hast Du keine Freundin. Etwas passiert mit ihm. Das ganze Lokal erstarrt und schaut zu ihm und Lucie. Er muss kurz auf Toilette, Blut rinnt ihr von der Stirn. Hastiges Händewaschen. Die großen Killeraugen im Spiegel.

In diesem Film von Franck Khalfoun nach einem Drehbuch von Alexandre Aja, Grégory Levasseur, C.A.Rosenberg nach dem Original-Drehbuch von Joe Spinell sieht der Zuschauer den Täter immer nur im Spiegel. Lucie in ihrem Röckchen, das wie ein um eine schmale Stoffkrause erweiterter Gürtel ist, nimmt ihn mit nach Hause, bietet einen Drink an. Immer Subjektive von ihm. Fotos, Musikinstrumente, jetzt ist sie im aufreizenden Bikini an die Wand gelehnt.

Genusshorror, weil genau zu sehen ist, wie er zubereitet wird.

Jetzt macht sie ihn an. Versteckt erst ihre Brüste. Jetzt darf er sie berühren mit seinen roten Fingern. Reißt sie am Haar. Er liegt auf dem Bett. Spiegel an der Decke. Sie bläst ihm einen. Er würgt sie. Er erwürgt sie. Hadert mit seinem alter Ego, mit seinem Teufel, warum er keine Frau in Ruhe lassen könne. Und mitten unterm Monolog schneidet er ihr den Skalp ab. Das ist nicht gerade ein besonders appetitlicher Vorgang. Wer jetzt noch Tapas essen kann, muss ziemlich abgebrüht sein. Er kotzt ins Clo. Wäscht sich die Hände.

Täterhorror. Der Zuschauer darf ganz legitim Schlimmes, Verbotenes, Unmenschliches aus der Subjektiven miterleben, als täte er es selbst.

Zuhause im Gespräch mit imaginärem Gegenüber wird der frisch gewonnene, noch klebrige Skalp auf eine Schaufensterpuppe getuckert. Das kann jetzt etwas pieksen, meint der Täter zur Puppe. Red Lucy wird sich sicher mit der anderen Puppe bestens verstehen. Die liegt schon dekorativ im Bett.

Eine französische Fotografin versucht, Puppen in einem Schaufenster der Firma „Angelas Mannequis“ mit Hilfe von Licht zum Leben zu erwecken. Das Geschäft gehört unserem Protagonisten Frank, gespielt von Elijah Wood mit den großen, hungrigen Augen. Gespräch mit der blonden Französin Anna, Nora Arnezeder.

Restaurierte Schaufensterpuppen aus allen Stilrichtungen und Epochen.
Sein Bild im Spiegel, der halb zersprungen ist wegen Faustschlag von ihm.
Schwert einstecken und los geht’s in eine belebte Einkaufstraße, durch andere Straßen, überall schicke Frauen am Shoppen oder Joggen. Der Zuschauer mit dabei auf der Stalking-Tour.

Tänzerinnen mit wehendem Haar. Tänzerinnen sind besonders attraktiv – und zerbrechlich. Eine verfolgt er. Leere U-Bahngänge. Flucht durch leere Straßen. Tor wird zugesperrt. In der Falle. Er zückt das Schwert.

Ist der Töttrieb von Frank bei der Fotografin, die eine Ausstellung mit Bildern von den Puppen machen will, eingeschlafen? Kann der Fotografin, die ihm in die Augen schaut, nichts passieren? Sie gehen zusammen ins Kino, „Das Cabinet des Dr. Caligari“ wird gezeigt. Sie sieht ihn als den letzten Romantiker. So kann man sich täuschen. Denn die Vernissage zeitigt ein blutiges Nebenresultat.

Seine zarten, schmutzigen Mörderhänder massieren Anna den Rücken, „ich bin so verspannt“.

Kings of the City (DVD)

Alberto Rodriguez lotet in diesem Film nach einem Drehbuch von Rafael Cobos und mit einem exquisit besetzten Ensemble die Räume aus, die Männerspiele zwischen Beruf und Familie, zwischen Pflicht und Ehrgeiz, zwischen Gehorsam und Eigenaktivität hergeben.

Im spanischen Original heißt der Film „Grupo 7“ und meint die zivile Drogenbekämpfungseinheit 7 in Sevilla, die in den Jahren, die der Weltausstellung von 1992 vorausgingen, die City von Sevilla von Dealern und Junkies reinigen soll.

Angel ist der Protagonist, ein filmstar-traumhafter junger Mann, ideal auch von seiner Position im Leben her, verheiratet, hat einen kleinen Sohn, ist auf gutem Karriereweg bei der Polizei, ist aber vielleicht derjenige, der am weitesten zu gehen bereit ist, auch unkonventionelle und mit dem Gesetz nicht direkt in Kongruenz zu bringende Methoden für diese Aufgabe anzuwenden, die Spielräume am weitesten zu dehnen, auch über die City hinaus, um den Auftrag perfekt zu erledigen.

Angel muss mit seinem Ehrgeiz ein großes Ego befriedigen. Das wird zu Konflikten führen. Wird aber auch dazu führen, dass die Weltausstellung in einer sauberen City eröffnet werden kann. Allerdings hat er ein schmerzliches Defizit, er ist zuckerkrank, muss sich regelmäßig Insulin spritzen. Seine Frau muss ihn öfter mal darauf hinweisen, denn im Ehrgeiz seiner Pflichterfüllung vergisst er das zu leicht.

Man würde ihm von seinem gepflegten Äußeren, von seinem diskreten Auftreten, von seinem Habitus her gar nicht zutrauen, welche Verhörmethoden er anwendet oder dass er sich bei einem großen Drogenfund ein Päckchen selbst einsteckt, um sich Informanten ködern zu können. Wobei das Verhalten durch die Gruppe 7 praktisch ohne Einwand gedeckt wird, weil es eh schon ein Teil der Realität ihrer Praxis ist. Und auch der Polizeipräsident möchte gar keine Details wissen, solange Erfolge zustande kommen.

Der Film wechselt zwischen Verfolgungsjagden, Razzien, menschlichen Tönen auch zu einem Verhafteten, wenn er nicht zu widerborstig ist, mit Szenen zu Hause bei Angel, im Bett oder bei einem seiner Kollegen, der sich einer Drogensüchtigen angenommen hat und ein Liebesverhältnis zu entwickeln versucht – ohne Aussicht auf längerfristigen Erfolg.

Auch regelmäßige kurze Begegnungen mit dem Polizei-Präsidenten und der Gruppe. Die Presse wird bei einem spektakulären Fund auf die Einheit 7 aufmerksam. Aber auch der Drogenboss aus einem Außenquartier von Sevilla, in das die Gruppe gegen ihre Vorschrift eindringt. Der Erfolg der Gruppe löst innerhalb des Staatsapparates Misstrauen aus. Die Antikorruptionsabteilung wird (erfolglos) eingesetzt. Nach einer demütigenden Razzia auf freiem Felde bei einigen Dealern (bis auf die Unterhosen ausziehen, die Cops verbrennen die Klamotten und lassen die Typen laufen) gibt es auch persönliche Drohungen gegen Angel. Der sich aber nicht einschüchtern lässt, der seinen Spielraum, seinen Handlungsspielraum weitestgehend auslotet. Ein riskantes Spiel. Ohne Garantie für weitere Beförderungen.

Der interessanteste Gegentyp in der Gruppe ist Rafael, der auch älter scheint. Er ist derjenige, der die Süchtige bei sich aufnimmt. Er ist derjenige, der immer wieder in der Kirche zu sehen ist. Der auch mal auf die Bremse tritt, wenn Angel zu weit gehen möchte. Wie weit ist sein Name Angel, Engel, berechtigt ist? Vom Aussehen her auf jeden Fall. Von seinen Handlungen her doch eher problematisch. Ein spannender Gegensatz. Mit diskreter Musik überstreut, die dem Thriller zusätzlich geheimnisvollen Glanz verleiht. Die Nutte, die ein doppeltes Spiel spielt: La Caoba.
Die Gruppe: Angel, Rafael, Miguel, Simon
Die Liebe von Rafael zu Lucia fast zart.

Vom Chef werden sie angesichts von Erfolgen aufgefordert: Greifen sie noch härter durch, die Ausstellung rückt näher, das Zentrum muss drogenfrei sein.
Dabei ist der Chef in der Gruppe bekannt dafür, dass er über vieles, was sie in Konflikt mit dem Gesetz bringen würde, hinweg sehen kann; solange die Öffentlichkeit keinen Wind davon kriegt und Verhaftungen und Funde präsentiert werden können; wenn nicht, kann er sich leicht als Fähnchen im Wind erweisen.

Gleitende Wahrheiten, gleitende Grenzen zwischen Gut und Böse, das alte Spiel, aber spanisch sensibel und doch hart neu aufgelegt mit einem überzeugend ausgewählten und von Alberto Rodriguez ebenso überzeugend geführten Cast, spanisch sinnlich, spanisch schön.
Ist der Held, der wahre Mann, derjenige, der die Grenzen gelegentlich überschreitet?

planet RE:think (DVD)

Etwas muss sich ändern. Das ist der allgemeine Aufruf, den dieser Film von Eskil Hardt darstellt. Etwas muss sich ändern in der Politik, im Verhalten der Menschen, denn das Wachstum von Wirtschaft und Menschen geht auf Kosten der Natur, beschleunigt die CO2-Abgabe und damit direkt die rasante Zunahme des Tempos der Erderwärmung. Wenn es so weiter geht, dürfte bis Ende des Jahrhunderts der Meeresspiegel um 1,6 Meter gestiegen sein, was vor allem die Megacities betrifft, da die meisten davon am Meeresrand liegen.

Der Film ist ein bunter, allgemeinbildender Mix, wie er heutzutage für solche Filme gerne verwendet wird, aus in schwarz-weiß gehaltenen Statements von Wissenschaftlern (ein Professor für Nachhaltigkeit, ein Nachhaltigskeitsberater, eine Professorin für Ökosysteme, ein Professor für chemische Verfahrenstechnik und ein Ressourcenwissenschaftler), aus kursorisch gestreiften und in schönem Mäander um die Welt aneinandergereihten Einzelthemen, aus Graphics und Aufnahmen von Natur, wilder Natur, von Industrie und Städten und dazwischen noch Statements zu den einzelnen Bereichen.

Der Film fängt mit einem beachtenswerten Einwand gegen die gängige Definition des Begriffes BIP, Bruttoinlandprodukt an, welcher nicht mehr akzeptabel sei, da er den Ressourcenverbrauch nicht einberechne, da er eine ineffiziente und dysfunktionale Weltwirtschaft als Grundlage benutze, da er auf einer problematischen Wachstumsphilosophie beruhe, bei der die Löhne nicht adäquat steigen und die auf Verschuldung aufbaue.

Dagegen wird, was noch jedem Dokumentarfilm zum Thema einen exotischen Touch verleiht, ausführlich der Begriff des Bruttonationalglücks, des BNG aus Bhutan angeführt, der von einer volkswirtschaftlichen Gesamtverantwortung ausgeht und eine Balance zur spirituellen Entwicklung anstrebt.

Wir müssen etwas ändern. Denn die beiden wichtigsten Krisen, die Finanzkrise und der problematische Umgang mit den Ressourcen bedrohen die Wohlstandsentwicklung. Ziel wäre eine Wirtschaft, in der es keinen Abfall gibt, in dem jeder Abfall wieder gleich Rohstoff ist. Wobei die Städte heute teils bereits mehr Rohstoffe durch die Entsorgung von Altprodukten liefern als die Natur. Mehr Gold in Handys als im goldhaltigen Erz. Und der Peak Oil ist eh schon lange erreicht.

Jetzt schwenkt das Interesse des Filmes nach Grönland, das zum Bergbau-Eldorado wird durch das Abschmelzen des Eises, besonders die Seltenen Erden sind gesucht.

Es folgt ein Schwenk nach Indien, das Recycling von Elektroschrott, auf dem eine ganze Schattenwirtschaft aufbaut unter Inkaufnahme von Gesundheitsschäden für die Arbeiter. Gesucht wäre Clean-Tech-Stadtschürfung. Denn noch werden viel zu wenige Abwässer gereinigt.

In China hat das Austrocknen der Sümpfe am Gelben Fluss, die in der Natur eine Funktion wie die Nieren beim Menschen haben, zur Folge, dass das Land im Ausland Ackerflächen kaufen muss.

Die Förderung von Oel aus kanadischen Teersanden belastet die Ökobilanz gravierend, ein mehrfaches an CO2-Ausstoß als bei herkömmlicher Förderung.

Wir müssen unser Leben revolutionieren. Als Hoffnungsschimmer und ein Beispiel für diese Veränderung schaut der Film jetzt nach Afrika und stellt die Erfindung, Handhabung und Produktion des Wonderbags vor, eines vor Ort hergestellten Topfwarmhalters, der die Energiezufuhr beim Kochen deutlich reduziert und damit dessen Ökobilanz auffallend verbessert.

Mit der Zunahme der Bedrohung der Natur durch den Menschen, hat auch die Aufmunterung zur Rettung der Welt in Form von Dokumentarfilmen Konjunktur.