Kon-Tiki

Männer, Abenteuer und Familie, das geht nicht zusammen. Das zeigt dieser Film überzeugend.

Wenn ein Mann bei glasklarem Verstand ist und ein Floß hat, dann braucht er nicht schwimmen können, um von Peru nach Polynesien zu kommen. So denkt unsere Hauptfigur, Thor Heyerdal.

Petter Skavlan hat in seinem Buch die waghalsige Reise von Thor Heyerdal nachentwickelt. Joachim Roenning und Espen Sandberg haben die Regie geführt. Es geht um die Forschungsreise, die Thor Heyerdahl 1947 von Peru nach Polynesien mit fünf weiteren verwegenen Männern unternommen hat. Zehn Jahre vorher ist ihm auf Polynesien die Ähnlichkeit von Skulpturen mit solchen aus Peru aufgefallen. Auch hat ihm ein Eingeborener erzählt, dass alles von Osten komme. Hinweise darauf, dass die wissenschaftliche These, dass Polynesien von Asien aus besiedelt worden sei, irrig sein dürfte. Auch die Meeresströmungen, die Heyerdahl als Wege und nicht als Hindernisse interpretierte, sprachen für seine These. Diese allerdings stand im Gegensatz zur vorherrschenden Lehre.

Das ließ Heyderdahl die nächsten zehn Jahre nicht mehr los. Er forschte und suchte und dachte nach. Alles sprach dafür, dass schon vor 1500 Jahren Bewohner aus Lateinamerika, aus dem heutigen Peru, die Fahrt auf einfach gebauten Flossen nach Polynesien unternommen hätten. Und da niemand ihm glaubte, war er angestachelt, und wollte den Beweis erbringen. Geld war weniger leicht aufzutreiben als wagemutige Männer, denen der Krieg noch im Nacken lag und die eine unerfreuliche Gegenwart umfing.

Heyerdahl selbst konnte nicht einmal schwimmen. Schon am Anfang des Filmes zeigt ihn eine Szene aus der Kindheit, wie er zielbewusst und stur seinen Schulfreunden voraus über einen gefrorenen See auf ein offenes Stück Wasser mit zwei schwimmenden Eisschollen darauf los läuft. Er springt auf eine. Von der zweiten rutscht er ab. Sein Schulfreund rettet ihn. Der wird ihn Jahre später auf seiner Expedition begleiten. Der Vater will ihm das Versprechen abringen, nie wieder so etwas Gefährliches zu machen. Aber Thors Lippen bleiben fest verschlossen. Genau so stur verfolgt er 1947 seinen Plan. Obwohl er in Norwegen Frau und zwei Buben hat. Aber wenn er das Abenteuer jetzt nicht unternimmt, dann wird er es nie tun.

Das oberste Prinzip für diese Fahrt: sich auf das Wissen der Altvorderen, die damals die Seefahrt unternommen hatten, zu verlassen. Keine moderne Technik an Bord. Keine Drahtseile zum Verbinden der Holzstämme. Einzig eine Kamera kam mit auf die Reise (den Film gibt es tatsächlich, den würde man gerne sehen nach diesem Appetizer) und einen Funkapparat.

Die Reise selbst wird in manchen Moment geschildert wie die berühmte Szene in High Noon. Die Männer sitzen nur da, hier auf dem Floß. Im Sonnenschein. Lassen sich bräunen. Die Bärte wachsen. Nichts rührt sich. Und steuern lässt sich das Boot auch nicht. Merkwürdiger Widerspruch zum Abenteueranspruch, zum Männlichkeitsanspruch. In solchen Momenten schwankt nur die Lampe an der Hütte auf dem Boot leicht hin und her, dem Wellengang Resonanz verleihend.

Dann aber kommen Haie oder ein Gewitter. Das Warten, das Nichtstunkönnen nervt. Es gibt sehr gefährliche Situationen. Thor behält meist den Überblick. Auch wie sie vor Peru verdächtig nah immer am Ufer bleiben. Plötzlich aber sind sie im richtigen Strom. Plötzlich taucht ein Vogel am Horizont auf.

Es kommt auch zu komischen Szenen. Als Proviant hatten sie vor allem Suppen dabei. Einer hatte ein Pulver mit, das angeblich Haifische verscheuchen soll. Wie Haifische sie umzingeln, will einer das Haifischpulver ins Meer streuen. Er hat jedoch Tomatensuppe erwischt. Wo ist das Anithaipulver? Vermutlich haben sie gegessen – als Suppe.

Ein Männerfilm. Sechs Männer auf einem Boot. Bis auf den etwas rundlicheren Kühlschrankverkäufer, der von Seefahrt genau so wenig Ahnung hat wie vier seiner Mitfahrer, wirken diese Abenteurer wie nordische Hünen mit Waschbrettbäuchen, immer gebräunter, je länger die Floßfahrt dauert (insgesamt über 100 Tage), blauäugig, klarsichtig, blond, wild, wild wie die Wikinger. Geschaffen fürs Abenteuer und nicht für die Familie. Und für wunderbare, vom tristen, urbanen Festland- und Familienleben ablenkende Kinounterhaltung.

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