Cirque du Soleil: Traumwelten

Eine junge Frau, große Augen, schlank, Bubikopf, geht auf einen Zirkus zu. Ein verwitterter, alter Mann drückt ihr ein Flugblatt in die Hand. Es wirbt für einen Aerialisten. Dieses Flugblatt wird Wegweiser und Suchmotto für die junge Frau.

Im Zirkus befindet sich eine altmodische Arena mit Künstlern aller Art. Ein Trapezkünstler schwingt sich durch die Luft (ist es der Aerialist?), stürzt ab. Da, wo er hinfällt, mitten in der Arena, gibt der Boden plötzlich nach, es entsteht ein Sog nach unten, der alles mitreißt, den abgestürzten Künstler genau so wie unsere junge Frau und wie Alice landet sie in einem Wunderland, in einem zirzensischen.

Dieses Wunderland ist nichts anderes als ein riesiges Filmstudio – als solches nehme ich das wahr – das für die wahnwitzigsten Artistendarbietungen hergerichtet ist. Von Synchronschwimmern über alle Arten von Luftkünstlern. Eine mächtige Darbietung versucht die vorherige zu überbieten. Es scheint sich um einen Wettbewerb der Zirkus-Rekorde zu handeln, um einen artistischen Leistungswettbewerb, um eine artistische Leistungsshow.

Es scheint, als ob uns Andrew Adamson, der Autor und Regisseur dieses Filmes vollends zudröhnen will mit Artistik, eine Nummer gewagter als die andere und das meiste in der Luft oder auf sich immer steiler anhebenden Wänden. Von Zirkuspoesie nicht die Spur. Durch den 3D-Faktor wirkt das Ganze eher als eine düstere Angelegenheit.

Den dünnen Faden einer Geschichte beschert uns jetzt ein Clown, der unsere bisher einzige Zuschauerin durch diesen Höllenschlund von Spektakel führt. Es gibt keine Pause zum Verschnaufen. Kein Platz für ein kleines Verdauungsbäuerchen. Eine Sensation reiht sich an die andere. Eine gewagter als die andere. Es gibt nicht einmal Ansagen, die den Kitzel erhöhen würde, es gibt keine „gekonnten“ Fehltritte.

Einzig Close-Ups von Händen, die mitten im Flug nach Unterschenkeln greifen, lassen erahnen, wie kühn diese Darbietungen sind. Bombastische Bombardierung mit Extremartistentum. Gelegentlich begleitet von Beatles-Songs. Wobei die Zartheit von „Black Bird singing in the dead of night“ vom Zirkus-Bombast schier zerquetscht wird.

Gewaltige Maschinerien, die sich bewegen mit großen Rädern, in und um die herum Menschen wie Katzen und Vögel zugleich sich hangeln und werfen und laufen und klammern. Ein Metropolis des Zirkus. Am Schluss wird unser Mädchen vom muskulösen Flugmenschen mit der weißen Pluderhose, der so gar nichts Erotisches hat, genauso wenig wie das Mädchen selber, in die Luft zu einem langen Tänzchen, einem Pas de Deux aerial, entführt. Das soll das Happy End der dünnen Story vor dem Applaus signalisieren. Insofern schade für den Wahnsinns-Aufwand. Hoffentlich haben die Artisten wenigstens eine anständige Gage bekommen.

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