Back in the Game

Wenn Kinofilme Haushaltsgeschirr wären, dann wären Filme mit Clint Eastwood das teure Tee-Service aus Porzellan, das man in der Glasvitrine im Salon ausstellen würde: vom Feinsten, keine Fehlfarben, edel geformt, keine Materialfehler und sicher ewig haltbar. Aufs Kino übertragen würde das bedeuten: ein harmonischer, erstklassiger, stimmiger Cast, eine schöne Geschichte mit dem traditionsbewährten Hollywoodhandwerk geschmeidig erzählt, eine menschliche Geschichte. Denn Clint Eastwood ist hier zwar der Protagonist, das Buch schrieb Randy Brown, die Regie führte Robert Lorenz, aber Clint Eastwood firmiert auch als Produzent. Und da kann man sicher sein, dass er wie ein Patron, der alles sieht und bei allem Respekt vor den Mitarbeitern immer ein Auge auf alles hat, von der ersten Drehbuchidee bis zum fertigen Kinofilm. Und man kann sicher sein, dass die Rollen nah bei ihm angelegt sind.

Dem inzwischen greisen Weltklasse-Mimen beim Spielen, das nie ein Spielen ist, zuzuschauen, ist ein Kinovergnügen der ganz raren Art. Nah bei sich selbst. Dieser Film spielt im Base-Ball-Milieu. Aber im Grunde stellt Eastwood als Gus das dar, was er im Hintergrund im Film auch ist: die graue Eminenz im Hintergrund.

Hier im Baseball ist er der älteste, der beste Talent-Scout, Talent-Spotter, der nicht wahr haben will, dass sein Augenlicht nachlässt. Auch mit dem Wasser-Lösen hapert’s etwas, das ist das Erste, was wir von ihm kennen lernen, er hat den Schalk, solche Alterswehwechen mit liebevoller Ironie darzustellen.

Seine Tochter ist erfolgreiche Anwältin, gerade vor einem wichtigen Abschluss. Mit sechs Jahren hat sie ihre Mutter verloren. Dadurch war sie stärker an den Vater gebunden, hat an seinen Fersen gehangen, hat alles von seinem Job mitgekriegt. Jetzt muss sie sich etwas um ihn kümmern, denn der Verein sieht Probleme mit ihm. Auch weigert er sich, den Augenarzt aufzusuchen.

Es geht beim Club um einen bestimmten neuen Spieler, der eingesetzt werden soll. Aber trotz schwacher Augen, hört Eastwood beim Abschlag, dass bei dem etwas nicht stimmt. Gegen den euphorischen Mainstream im Verein wird er zum missachteten Kenner. Aber sein Wissen wird sich selbstverständlich durchsetzen.

Er verbringt mit seiner Tochter einige Tage in einem Motel. Er sträubt sich dagegen, ins Gespräch zu kommen und die Tochter, die auch schon über dreißig ist, ist immer wenn sich ein Mann ihr nähert augenblicklich emotional indisponibel. Aber nach und nach kommen einige Dinge aus der Jugend zur Sprache. Und ein neuer Talent-Scout kommt ins Spiel. Ein ganz süßer, lieber Junge, wie der Traumjunge von nebenan.

Die Tochter von Gus heißt Micka und wird von Amy Adams gespielt. Und natürlich entwickelt sich zwischen ihr und dem Jungen eine romantische Geschichte. Das ist ja ganz schön.

Das größere Problem für uns Europäer scheinen mir zwei Dinge zu sein: einmal, dass der Film fett im Baseball-Milieu spielt. Und immer wieder Trainings und Matches und wichtige Besprechungen. Zum anderen erzählt Eastwood uns eine Geschichte aus seiner heilen Hollywoodwelt. Der Tüchtige wird sich durchsetzen, der Könner. Und der arme Junge ohne Bildung aber mit Talent wird noch die Chose retten. Es ist eine ordentliche, übersichtliche Welt, die der Tüchtige im Griff haben kann. Schön sind die alten Ford Mustangs, die alten Blechkisten, mit denen die rumfahren, trotz Handys, Internet etc. Es versteht sich von selbst, dass Gus kein Internet hat. Er beruft sich auf seine hergebrachten Fähigkeiten. Die sind primär.

Schöner Schlusssatz von Eastwood: Its a bad time to walk away. Er will noch nicht aufhören. Trotz Alterszipperelein. Es ist vielleicht die „heile“-amerikanische Ideologie, die uns gar nicht mehr geläufig ist, den Glauben an welche wir längst verloren haben. Wir reden hier von Grundeinkommen. Und wenn die Tochter mit dem Naturtalent Ballfangen und Werfen übt, dann setzt schon eine sehr überhöhende Musik ein. So heilig ist hier Baseball. Hierzulande wohl wenig Chancen für den Film.

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