Sinister

Die Grundsituation in diesem Film von Scott Derrickson ist ziemlich unrealistisch: ein Kriminalautor (Ethan Hawke als Ellison Oswalt) braucht nach zwei Flops dringend einen Erfolg und zieht zwecks Recherche mitsamt seiner Familie (Frau, ein Töchterchen ein Junge, beide im noch unschuldigen, also idealen Geisterfilmalter) in ein Haus, in dem ein unfassliches Verbrechen geschehen ist. Bisher ist Oswalt immer nur in die Nachbarhäuser der Tatorte gezogen.

Diesen doch recht grotesken Vorgang inszeniert Derrickson jedoch so handfest, dass an der Sinnigkeit des Unternehmens nicht der geringste Zweifel aufkommen kann. Wobei aller realistischer Glaubwürdigkeit zum Trotz, in praktisch jedem Bild mindestens eine undefinierbar dunkel Stelle vorkommt. Aber das macht der Kameramann und der macht das mit Bedacht. Ein leiser, subtiler Gruseleffekt, am Rande der Bewusstheit.

Allein, dass Oswalt True-Crime-Bücher schreibt, verpflichtet ihn, nah an die Orte seiner Nachforschungen sich zu begeben. Umzugskartons, die geschleppt werden müssen, machen einen Umzug plausibel. Das sind konkrete Probleme, die angegangen werden müssen. Oder das Thema, dass keiner Vaters Büro betreten darf. Dass Vater andererseits sein Büro immer abschließen muss (was er aber so gut wie nie macht, das kann so zum recht praktischen Suspens werden).

So schweißtreibend, wie er in seinem nicht abgeschlossenen Büro seine Recherchearbeit mit Fotos und Dokumenten und Computerarbeit betreibt, Fotos an den Wänden, Vergleich von verschiedenen Fällen, erklärt sich aus sich heraus ihre Notwendigkeit. Und da kommt es gerade gelegen, dass er auf dem Dachboden einen Karton findet mit Filmrollen und einen Super-8-Projektor. Da muss man sich nichts Böses dabei denken. Im Gegenteil, das ist doch der Beweis, dass Oswalt auf der richtigen Spur ist. Und auf die ist er nur gekommen, weil er in das gefährdete Haus eingezogen ist.

Die ersten Bilder der Spur des ominösen Verbrechens, das sich im Laufe des Filmes als viel größer herausstellen wird, als es anfangs scheint – und damit Oswalt die Hoffnung auf einen Scoop kräftig nährt und damit begründet, dass er weiter machen soll, diese ersten Bilder, die wir noch oft sehen werden, sind ein merkwürdiger Super-8-Film von vier Personen mit Kapuzen überm Kopf die an sonderbar zu ziehenden Seilen, nämlich der Verknüpfung mit einem angesägten Ast, hängen und daran wohl gehenkt werden sollen, die davor aber noch einen eigentümlichen Tanz letzter Bewegungen ausführen.

Bis wird diesen Streifen schon einige Male zu sehen bekommen haben, ist noch gar nicht so viel Filmzeit vorbeigegangen. Und zusätzlich zur Glaubwürdigkeit hat der Sheriff beigetragen, der den Autor warnte, hier zu recherchieren, der Ruhe in seinem Ort haben möchte und nicht die Medien, die dem Bestseller-Autor auflauern werden. Wobei auch dem Sheriff vor allem „Kentucky Blood“ gefallen hat und nicht die zwei floppenden folgenden Bücher.

Gegen die Sheriff-Meinung gibt es allerdings noch die seines „deputy“, eines Krimifans und Fans von Oswalt, der diesen gerne unterstützen möchte, weil er gerne wenigstens einmal in den Danksagungen des Autors auf den letzten Seiten eines Kriminalromanes stehen möchte. Auch das ein weiteres, gelungenes Indiz für Authentizität.

Aber irgendwie hat unseren Filmemacher vor lauter Realismus doch der Horrorfinger zu sehr gejuckt. Mit dem ersten Stromausfall im Haus schickt er den Autor mit Taschenlampe auf den Dachboden, eine ganz und gar unlogische Handlung, als erstes würde gerade ein professioneller Krimiautor doch bestimmt zu den elektrischen Sicherungskästen gehen. Aber jetzt wo die Horrorsicherung bei Scott Derrickson einmal durchgebrannt ist, gibt es kein Halten mehr vor Horroreffekten mit viel Schönheit im Bild und wenig Rücksicht auf den Realismus einer Geschichte. Jetzt wird es ein fröhlich oder weniger fröhlich aber auf jeden Fall andachtsvoll zelebriertes Halloween-Schauder-Festival für den heimeligen, gruseligen DVD-Kaminabend zuhause. Der Kinorelease dürfte vor allem als Vorarbeit für den DVD-Verkauf zu verstehen sein. Und hat damit seinen (guten) Zweck erfüllt.

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