3 / Tres

Der Titel, der lediglich aus der Zahl 3, einmal als Ziffer und einmal als spanisches Zahlwort, besteht, will darauf hinweisen, dass es sich um ein Portrait, den Begriff müsste man aber noch etwas genauer untersuchen, eine Improvisation vielleicht, von drei Personen einer Familie handelt. So da sind der Vater Rodolfo, ein Zahnarzt, der sich von Frau und Tochter getrennt hat, aber trotzdem bei denen ein und aus geht und vor allem für Reparaturen in der Wohnung zuständig ist. Er selbst ist ein Pflanzenliebhaber, hat viel Grün auf seinem Balkon. Seine Frau Graciela ist – und da dürfte es sich sicher um eine filmische Rarität handeln – Stenographin beim Parlament. Ich kann mich an keinen Film erinnern, wo eine Parlaments-Debatten-Stenographin eine von drei Hauptrollen gespielt hat. Wobei dieser Beruf im Film vollkommen nebensächlich ist, es gibt gerade mal zwei Szenen von ihrer Arbeit. Die Tochter Ana wohnt bei der Mutter. Sie geht aufs Lyceo, also aufs Gymnasium, ist schon erwachsen und herzlich wenig an der Schule, mehr aber an ihrem Freund interessiert, dem sie es auch gerne mal mit der Hand besorgt. Dann ist noch die über 80 jährige Tante Bebe, die im Krankenhaus liegt. Dort trifft Graciela auf Dustin, der auch einen schwerkranken Verwandten regelmäßig besucht.

Wenn nun Pablo Stoll Ward das Drehbuch von Gonzalo Delgado Galiana einigermaßen korrekt und genau verfilmt hat, glaubwürdig hat er das auf jeden Fall getan. Die Figuren spielen alle ganz prima. Wenn also vom Film her auf das Drehbuch geschlossen werden könnte, so müssten darin Beschreibungen von der Art lauter beiläufiger, alltäglicher Tätigkeiten stehen: dass die Figuren aufstehen, dass sie auf dem Weg zur Schule sind, dass der Zahnarzt sich um seine Pflanzen kümmert und eine Zigarette aus einer hohen Hochhaus-Etage auf die Straße runter wirft, dass Graciela im Parlament Diskussionen und Reden mitstenographiert, dass Ana in der Schule gerügt wird wegen Unpünktlichkeit, dass Ana mit ihrem Freund, angezogen im Bett liegt und ihm einen runterholt, während er mit andachtsvollem Gesicht daliegt. Aber auch merkwürdige Dinge wären zu lesen: wie ein Pharmazie-Vertreter Rodolfo in der Praxis Mundhygiene-Artikel anzudrehen versucht. Rodolfo erlaubt sich, um ihn loszuwerden folgenden Trick: er geht an den wartenden Patienten vorbei in den Vorraum, schraubt die Sicherung für den Strom raus, es wird dunkel, Anlass den Pharmavertreter schnellsten zu verabschieden.

Szenen in der Klinik sind eingefügt, wie viele Verwandte warten, wie der Arzt sie in eine Kapelle mitnimmt und ihnen dort Bescheid über den Zustand der Patienten gibt. Tante Bebe ist stabil. Wie Graciela wartet. Wie sie Dustin sieht. Andere Szene: wie Rodolfo in einem Geschäft Wasserhähne mustert. Andere Szene, wie er in der Wohnung seiner Frau unter der Spüle liegt und repariert. Oder wie er den bröckelnden Putz untersucht und mit ihm spielt, bis er runter kommt. Dann muss er Maler engagiert haben. Seine Frau und Tochter wissen von nichts. Die ganze Wohnung und alle Möbel sind mit Plastikfolie überdeckt. Ana hockt sich auf eine solchermaßen zugedeckte Couch. Hört Musik. Studiert die Beine des Malers, die unter kurzen roten Shorts hervorlugen und die die Kamera wie eine Frontsäule in die vordere Bildmitte gerückt hat. Später liegen Ana und der Maler auch im Bett.

Einen kleinen Spannungserzeuger hat der Autor eingebaut. Die Schule will demnächst für ein paar Tage nach Bariloche fahren. Dort hofft Ana mit ihrem Freund zur Sache zu kommen. Denn mehr als den Handbetrieb hat sie sich bisher nicht gestattet. Für die Reise ist auch Geld nötig. Einmal ist Ana in der Praxis des Vaters. Sie richtet von der Mutter aus, ob er seine Wäsche nicht zum Waschen bringen wolle. Will er nicht. Dazu gibt’s eine Szene, wie er mit der Waschmaschine zugange ist.

Ana entdeckt, wieder andere Szene, in diesem Zimmer das Portemonnaie von Rodolfo. Sie entnimmt zwei Scheine. Bald darauf untersucht er das Portemonnaie, stellt das Fehlen der Scheine fest und ruft ihr, die sich in einem anderen Zimmer befindet zu, ob sie Geld brauche. Sie verneint. Er lächelt und schließt die Geldbörse wieder. Auch das Rumpeln der Waschmaschine ist ein bemerkenswertes und bemerkenswert in den Film eingebautes Geräusch. Eine andere Szenenanweisung könnte gelautet haben: Ana geht lustlos und mit leichtem Widerstand in Körper und in Gangart die Schultreppe hinauf, Kamera steht unten an der Treppe. Es gibt einen Discoabend der Schüler, wo sie sich besaufen wollen, der Freund kotzt im Bett, statt dass er Liebe machen kann. Der Hit in der Disco lautet: „Es gibt kein Erbarmen, dafür war nie Zeit“. Dann gibt es eine Szene am Grab der verstorbenen Tante Mabel. Die Familie bedeckt die Erde mit Rasenziegeln. Der Sport spielt immer wieder eine Rolle. Rodolfo ist Fussballfan. Ana soll Handball spielen. Hat aber nicht immer Lust dazu.

So könnte das ewig weiter gehen. Nie hat man den Eindruck, die Schauspieler seien jetzt zusammengekommen, um diese und jene Szene zu spielen, um diesen oder jenen Dialog abzuliefern. Immer entsteht der Eindruck, es seien die Szenen zwischen den Szenen, die hier zu einem Familienportrait aneinandergefügt werden. Allerdings entsteht auch der Eindruck, es könnte noch ewig so weiter gehen. Da das Ganze aber mit viel Charme und trockener Selbstverständlichkeit zubereitet ist, kann man nicht so schnell böse und ungeduldig werden.

Und dann, wenn man doch allmählich schier verzweifeln will an der Endlosigkeit, es wurden gerade noch Szenenanweisungen durchgeführt wie: der Zahnarzt zieht die Rollläden hoch, er pflegt seine Pflanzen; die einzelnen Figuren bewegen sich in der Wohnung. Und plötzlich sind die drei, die titelgebenden Drei, vor dem Fernseher, stehen in einer Reihe und machen ganz offensichtlich die nicht hör- und sehbaren Gymnastikübungen einer Fernsehsendung nach. Das verselbständig sich zu einer lässig mehr aus dem Körper geschüttelten als getanzten Choreographie, zu einer kleinen, familiären Tanzshow. Sie essen gemeinsam Frühstück. Im Fernsehen ist im Hintergrund ein Brand zu sehen. Dann liegen alle drei angezogen auf einem Bett. Nebeneinander ohne jeden Körperkontakt. Jeder für sich. Der Brand und die Explosion wie eine Vulkanexplosion am Fernsehschirm wird plötzlich leinwandgroß eingeblendet und die drei, die schlafen gerade ein, machen die Augen zu. Damit macht der Film den Vorhang zu.

Cold Blood – Kein Ausweg, keine Gnade

Stefan Rutzowitzky, der Regisseur dieses Filmes, ist ein hervorragender Szenen- und Stückpräparator. Das hat er schon vor 14 Jahren mit seinem Erstling „Die Siebtelbauern“ bewiesen, wie er Ulrich Wildgruber den Manierismus ausgetrieben oder Tilo Prückner als glaubwürdigen Großknecht geschnitzt hat, das ist in Erinnerung geblieben, aber auch der Hauptkonflikt, wie die Farm vom tyrannischen Bauern befreit wird und die neuen Besitzer mit einer neuen Freiheit konfrontiert werden.

Mit „Die Fälscher“ erhielt Rutzowitzky den Auslandsoscar. So dürfte es nur eine Frage der Zeit gewesen sein, bis er seinen Einstand in den USA gab. Der ist mit diesem „Cold Blood“ nun gegeben. Hier verfilmt, genauer gesagt: präpariert Rutzowitzky kaltblütig ein Drehbuch von Zack Dean.

Auch hier hat er Szene für Szene sorgfältig inszeniert, auf ihren Gehalt hin freigelegt. Diese große Qualität hat nun die negative Folge: dass sehr deutlich wird, wie schwach, oberflächlich, inhaltsleer und routiniert dieses Drehbuch von Zach Dean ist.

Wie wenig Thrill dieser Thriller zu bieten hat. Vielleicht wäre es lustiger geworden, wenn ein drittklassiger Regisseur sich mit „Einfällen“ und womöglich überagierenden Schauspielern daran versucht hätte. Vielleicht wäre dann wenigstens eine Bemühung um Spannung und Lebendigkeit zu erkennen gewesen und positiv aufs Publikum übergesprungen. Hier aber wird nur gnadenlos seziert, brillant gespielt, kameratechnisch großartig aufgenommen. Auch sind die Darsteller prima besetzt.

Nur, was tun sie in diesem Film? Der eine, Addison, ist gerade mit seiner Schwester Liza im winterlichen Michigan auf der Flucht in einem Auto mit Fahrer und mit viel Geld von einem Überfall. Bis das Auto von der Straße abkommt, sich überschlägt und rauchend liegen bleibt. Der Fahrer muss wohl tot sein und ist sofort aus dem Spiel.

Ein Polizeiauto nähert sich der Unfallstelle. Der Polizist steigt aus und Addison erschießt ihn sofort mit der Bitte um Entschuldigung.

Das sind schon hocherotische Bilder, wie Liz sich nun mitten in der Nacht und in schneeiger Landschaft umzieht. Bildwerte für sich und Leute, die Lust auf solche Bilder haben. Solche und Liebesszenen wird es auch immer wieder recht appetitliche geben. Wie die Enden hohltönender Existenzen. Addison bestimmt nun, dass sich die Wege von ihm und Liz vorerst trennen müssen. Er haut ab und lässt die durchfrorene Liz zurück.

Etwas später liest Jay die durchfrorene Liz auf der nächtlichen, eisigen Landstraße auf. Er ist gerade aus dem Gefängnis entlassen worden, hat in seinem Boxclub eine alte Rechnung beglichen, sich dort eine blutige Nase geholt und ist jetzt auch auf der Flucht.

Das alles präsentiert Rutzowitzky auf gutem Weltkinoniveau und mit immer präzisem Fokus auf das Wesentliche einer jeden Szene. Was hier leider oft nur Schießerei und Mörderei ist. Sowohl Ash als auch Jay bahnen sich ihre Wege mit dem Schießeisen und flüchtenderweise, gerne auch auf Schneemobilen.

Der gnadenlose Countdown findet schließlich bei den Eltern von Jay statt, man ahnt ein shakespearsches Ende: Leichen allüberall; in diesem wundersam versteckten villenmäßigen Holzhaus im Wald treffen sich alle, die Gangster, die Braut und die Polizei – und schießen, so lange was zu schießen ist.

Allerdings vermengt die große Dichte, in der die Szenen präpariert werden und da keine größeren Zwischenfenster eingebaut sind, oft die verschiedenen Geschichtsstränge und -fäden. Lässt eine Continuity erscheinen, die von der Geschichte her gar nicht gegeben scheint; vielleicht ein weiterer Beleg für die starke Handschrift des Regisseurs, der den Stoff mehr knetet und walkt, als er hergibt.

Liza, die im Süden aufgewachsen ist, macht jedenfalls ihren ersten Schneemann in Michigan. Und Rutzowitzky, der aus Österreich kommt, hat hiermit seinem ersten Hollywoodstreifen seinen Stempel aufgedrückt. Das Buch steht ziemlich nackt da.
Angenehm für das Ohr: Rutzowitzky liebt die tiefen Schauspielerstimmen.

Der Aufsteiger

Sind doch einfach cineastische Tausendsassas, diese Franzosen. Man kann sich die Namen alle gar nicht merken, die sehenswerte Filme machen. Hier zum Beispiel Pierre Schöller. Als Autor und Regisseur liefert er ein Stück Kino von einer Plastizität und auch einem Sog, dass man glaubt, Zeuge von Realität zu sein, von einer für den Normalbürger doch ziemlich abgehobenen Realität, nämlich jener im Bereich der Regierung, hier der französischen.

Es geht um den Aufsteiger Bertrand Saint-Jean, heiliger Johannes! Seine hervorragende Eigenschaft ist, dass er keine hat, dass man ihn nicht auf eine politische Position festlegen kann. So kommt er den Machtspielen im Élysée wunderbar zu pass.

Olivier Gourmet spielt diesen politischen Aufsteiger hundertprozentig glaubwürdig. Buch und Regie tragen das ihre dazu bei, dass es einen direkt schmerzt, wenn er nach einem stressigen Tag nach Hause kommt und dann noch schnell einen Versuch von Geschlechtsverkehr mit seiner Gattin startet.

Der Tag fängt mitten in der Nacht an. Ein Busunglück ist passiert, viele Tote, viele Verletzte, darunter viele Jugendliche. Das muss sich die Politik zunutze machen, sie muss Präsenz zeigen, Worte liefern, die den Staat als schützend und vertrauenswürdig darstellen. Und so ein Minister reist nie allein. Die Entourage wird mit Limousine und Fahrer und dann mit dem Helikopter zum Unglücksort transportiert.

Wichtig in dieser Entourage ist die hellwache Pauline, die persönliche Referentin. Sie ist oft Ideengeberin und Einflüsterin für den Minister. Sie ist es, die den Krawattentausch zwischen Minister und einem Niedrigerrangigen für den Auftritt vor dem Fernsehen anregt, hinweistpyisch gearbeitetes Detail.

Im Élysée und im Ministerium wird aufmerksam verfolgt, wie positiv der Minister ohne Eigenschaften die Schutzfunktion des Staates darstellt. Sein Hauptproblem ist im Moment allerdings eine anderes: es geht um die Privatisierung der Bahnhöfe der SNCF, Deutschland habe das ja auch gemacht. Er ist am Anfang des Filmes ein heftiger Gegner der Privatisierungen. Holt sich so die Gewerkschaften auf seine Seite und damit auf die der Regierung. Von einem Tag auf den anderen wird er allerdings plötzlich der heftigste Verfechter der Privatisierung und soll sogar zu deren Vollzieher werden. Den Wandel macht er offenbar ohne jeden Gewissenbiss durch, weil der Élysée das so wünscht.

Achtung, aber hier wird gespoilert! Wie er zu einer wichtigen Sitzung fahren muss, selbstverständlich mit Pauline, Fahrer und noch einem Begleiter und wie er hört, dass die Straße verstopft ist, weist er seinen Fahrer an, eine fertige Neubaustrecke, die erst in der folgenden Woche eröffnen soll, zu benutzen, obwohl die noch gesperrt ist. Hier fährt die Limousine erst ganz ruhig, dann gibt der Fahrer Gas, Saint-Jean kann am Handy Politränke spinnen, obwohl er überhaupt nicht intrigant oder schmierig dargestellt wird, er tut nur pragmatisch, was ihm nützt, zack, überschlägt es die Limousine, grauenhafter Unfall, der Fahrer Martin Kuypers tot. Das ist insofern dumm, als die Regierung ausgerechnet diesen Fahrer gezielt als Arbeitslosen engagiert hatte, um zu zeigen, dass sie was tun.

Diesen Fahrer haben wir vorher schon persönlich kennen gelernt anlässlich eines Besuches von Saint-Jean bei Kuypers und seiner Frau. Ihn als Ersatzfahrer hat er nämlich gebraucht, weil die Frau seines regulären Fahrers ein Kind erwartet hat. Die Kuypers leben in einem Wohnwagen auf dem Gelände des Rohbaus eines Einfamilienhauses, das sie aus Geldmangel bedingt durch die Arbeitslosigkeit nicht fertigstellen konnten. Kuypers ein spannend-verschlossener Typ.

Der Film fängt an mit einer Art Machtpantomime, überall Kapuzenmänner, die die Räume der Macht einrichten, eine nackte Frau und ein Alligator, in den die Frau hineinkriecht. Unser Minister liegt wach mit einer Latte im Bett. Träume von der Erotik der Macht als Ouvertüre zum Thema des Filmes.

Was ich mit Plastizität der Erzählung und der Inszenierung meine, das ist nicht nur die Ausleuchtung und das Arrangement der Personen, die immer leicht ausgestellt oder hervorgehoben wirken – durch das Licht und auch die eher dezente Farbgebung des Hintergrundes. Hinzu kommt allerdings die Musik, die oft ein drängendes Rhyhtmisieren ist, als ob es darum ginge, in die Macht-Schlacht zu ziehen. Oder der Gesang des Chores bei der Beerdigung von Kuypers, von einer Intensität, einer Stimmhöhe, einem Rhythmus, was hundertmal mehr erzählt als es die vorbereitete Ministerrede tun könnte und würde, die aber auf Wunsch der Frau des Verstorbenen eh nicht gehalten werden wird. War ja auch nicht nötig, die Medien waren vor der Kirche und haben die betroffenen Politikergesichter, Saint-Jean mit Halskrause, für ihre Klientel ablichten können. Auch das Bild der Limousinen vor der Kirche, die dazwischen stehenden Fahrer, die alle einen Schirm tragen. Ein Bild für sich. Wie so viele andre auch in diesem Film.

Alle Figuren um Saint-Jean rum sind erstklassig besetzt und geführt, sei es der Senator, so eine Art Side-Kick für den Minister, der Premier-Minister, der Präsident, die konkurrierenden anderen Minister, die Staatssekretäre, alles sehr sorgfältig beobachtet, gecastet und in Szene gesetzt.

Der Minister habe keine Substanz, er sei ein „Flu“. Er habe keine Geschichte. Ganz am Rande erfährt er zum Beispiel, dass seine Tochter in Kairo sei. Seit zwei Tagen.
Ein Ausspruch von ihm: 4000 Kontakte und kein Freund.
Er ist nur ein Mensch: mitten in rasender Fahrt auf der Autobahn schmeißt er eine glühende Zigarettenkippe aus dem Auto.

Auch wie der Unfall auf der Autobahn aufgenommen wird. Es schmerzt förmlich, dass jetzt so von einer Sekunde auf die andere alles auf dem Spiel steht. Man spürt förmlich die Gefangenheit von Saint-Jean in seiner Karriere.
Herzzerreißender Trauersong.

Aber egal, was passiert: wie ziehen weiter. On est dans la colère. Jetzt muss Saint-Jean auf anderer Baustelle die 5 Prozent Wählerstimmen wieder holen, die die Regierung mit der Privatisierung der Bahnhöfe verliert.

Love Is All You Need

Willkommen in der kino- und lebensnahen Menschlichkeits- und Liebessprechstunde der dänischen Oscarpreisträgerin Susanne Bier.

Da Susanne Bier nicht nur eine hundertprozentige sondern auch noch eine anerkannte Kinofrau ist, geht es selbstredend um die Liebe in diesem Film, insofern ist die „deutsche Übersetzung“ „Love is all you need“ sicher kein Widerspruch zum Inhalt. Das dänische Original heißt jedoch: „den skaldede Frisor“, also „die glatzköpfige Frisöse“. Die deutsche Übersetzung verzichtet auf die spezifische Eingrenzung des Themas, wohlweislich und vorsorglich erinnernd, dass erst kürzlich ein deutscher Film mit dem Titel „Die Frisöse“ auf den Markt gekommen ist, schnell-schnell und hoppla-di-hopp geschrieben und inszeniert sogar von einer Drehbuchprofessorin. Und so schnell wie geschrieben wieder verschwunden aus den Kinos.

Filmnah ist Frau Bier also nicht nur vom Thema her: eine einfache Frisöse aus Dänemark erlebt nicht nur wegen der angesetzten Heirat ihrer Tochter aufregende und ihre Gefühle aufwühlende Tage in Amalfi. Nein, sie bandelt dort, besser noch, dort bandelt ein veritabler Weltstar mit ihr an: Pierce Brosnan, der hier Pierce Brosnan spielt, obzwar er in der Rolle anders heißt, Philip nämlich, und ein erfolgreicher Früchte- und Gemüsegroßhändler und also entsprechend begütert ist, so dass es zumindest für ein größeres Anwesen auf Amalfi inklusive mehrerer Hektar Zitrusfrüchte reicht.

Allerdings fliegt auch er offenbar Linie, also nicht im Privatflieger, denn nur so kann es schon im Flughafenparkhaus in Dänemark zur ersten Begegnung mit dem Weltstar und der Frisöse kommen. Sie heißt im Film Ide und wird gespielt von Trine Dyrholm. Die Szene zeigt übrigens, dass es Blier nicht in erste Linie um filmische Brillanz geht; solche unfallmässigen Liebesinitiationsbegegnungen könnten weit rasanter, brillanter inszeniert werden. Aber Blier geht es um das Menschliche. Dass nämlich die Frisöse kurz vor Abflug ihren Mann mit der strunzdummen Mitarbeiterin aus der Buchhaltung, mit der flapsigen Tilde, in flagranti auf dem heimischen Sofa erwischt hat. Das macht sie offen für hingeflapste Begegnungen.

Ide fliegt also allein. Ist damit frei für die die Begegnung mit Brosnan, der wie sich bald herausstellen wird, ausgerechnet der Vater des Bräutigams ihrer Tochter ist. Das ist wieder Kinotraum: die Frisöse und der Reiche.

Der Film fängt in Dänemark mit einer Arztsprechstunde an: Ida erfährt, dass ihr Brustkrebs erfolgreich geheilt sei. Und dann die Lebensnähe: die lebenspraktische Frage der Ärztin, ob sie eine Brustkorrektur vornehmen möchte. Ida ist ganz baff, wieso denn, sie gefalle doch ihrem Mann wegen ihrer inneren Werte, das mit der Brust, das bemerke er gar nicht.

Einige Filmminuten später sind wir eines Besseren belehrt. Dies ist nur ein Beispiel für eine kleine Lebenslüge. Von denen es wimmelt in diesem Film (darum meine Kategorisierung des Films als „Sprechstunde“), je mehr Hochzeitsgäste und damit gestörte oder potentielle oder unerträgliche Beziehungen in der Villa auf Amalfi ein- und zusammentreffen.

Zugreifend lebenspraktische Behandlung der Filmfiguren. Die Idee zur Geschichte stammt auch von Susanne Bier. Das Drehbuch hat Anders Thomas Jensen geschrieben. Es ist meines Erachtens aber auch ein intuitiv weibliches Kino: zwischendrin ein paar Tauben auf einer Fernsehantenne oder bedröppelte Schwäne vor einem Tümpel oder freier Vogelflug vor Felskulisse. Oder die krass grob gezeichnete Schwägerin von Brosnan, die Schwester seiner verstorbenen Frau, wie degenerierter Adel par excellence, eine Frau, die nur sich und ihr Interesse in den Mittelpunkt stellt, herrlich bei dem Essen am Vorabend der Hochzeit.

Wie leicht genießbar, auch wenn es um dramatische Beziehungen geht, der Film als solches doch sein soll, das gibt uns die Regisseurin mit dem Sound, mit der Musik zu verstehen, gerne immer mal wieder ein paar lüpfige Gitarrenklänge. Aber wenigstens ein Männchen und ein Weibchen werden sich kriegen in diesem Film, damit ist auch ein existenzieller Anspruch für akzeptable Kinounterhaltung nach einem Arbeitstag oder am Wochenende erfüllt.

Red Tails

Die Luftkämpfe in diesem Film sind nicht unbedingt was für schwache Mägen.

Der Film möchte ein ehrbares Thema behandeln: Rassendiskriminierung; und zwar anhand einer US-Fliegerstaffel von Schwarzen im Zweiten Weltkrieg, die in Italien weit hinter der Front stationiert sind und dann die Chance zum Beweis ihrer Gleichwertigkeit bekommen – und selbstverständlich auch nutzen, da verrät man nicht zuviel.

Anthony Hemingway hat den Film inszeniert nach einem Drehbuch von John Ridley; als Drehort wählte man – sicher aus Finanzgründen – die Barrandov-Studios in der Tschechei; so sprechen denn die deutschen Soldaten ein merkwürdig pathetisch- musikalisches Deutsch. Hinter allem steht das legendäre Lucasfilm-Studio: George Lucas wird seinen eigenen Filmen mit diesem Film garantiert keine ernsthafte Konkurrenz machen.

Vielleicht liegt der größte Mangel schon am Drehbuch: das hat sich zwar das erwähnte Thema vorgenommen, was wie gesagt achtenswert ist, aber es verpasst den Empathiepunkt beim Zuschauer.

Der Film fängt sehr gemütlich an, in gemütlichem Setting, eindeutig Flieger im Studio, so klare Aufnahmen, und der Fluglärm so wenig störend, künstlich, künstlich – und gemütlich, man sieht förmlich wie die Schauspieler sich aus ihren Garderoben kommend in diese schaukelnden Gefährte begeben haben – weit und breit kein Krieg im Sicht. War is like hell und sie langweilen sich hier like hell, wird an einer Stelle gesagt. Es kristallisiert sich aber keine Hauptfigur raus, es gibt keinen Punkt, wo die Rassendiskriminierung für den Zuschauer empirisch nachvollziehbar, schmerzhaft wirkt. Denn erst sind wir alle nur unter den „Negroes“, wie sie sich selbst nennen. Also ist das Thema schon mal zumindest schwierig eingeführt.

Es wird dem Film zwar der Satz vorangestellt, dass Blacks inferior seien und daher als Kanonenfutter geeignet (meine freie Interpretation des etwas langen Satzes).

Wir sind in Italien 1944. Und jetzt wird also diese gepflegte Langweile gezeigt, die so gar keine Spannung aufkommen lassen will. Weil sich das Buch nicht für den Konflikt einer Figur interessiert und der thematisierte Rassenkonflikt kommt auch erst nach etwa einer Viertelstunde Stimmungsmalerei ins Movie, nämlich als ein Zeitungsartikel, der das formuliert. Das ist wirklich gut gemeint, das Thema schriftlich an den Anfang zu stellen und dann nach einer Viertelstunde noch mal es in Form eines Zeitungsartikels überdeutlich reinzubringen.

Die Szenen sind meist sehr statuarisch inszeniert, man merkt, wie die Schauspieler sie eingeübt haben, oft sind es steife Stehparties, ein Kino auf schwerfälligen Füßen und der Schnitt hilft auch nicht weiter, ist nicht smart genug und auch die Kamera scheint nicht allzu wachen Auges zu sein, noch das Beleuchtungsdepartment.

Szenen unterschiedlichen Rhythmus‘ wechseln abrupt miteinander, es fehlt der Fluss, der die Szenen verbindet und zusammengießt. Dann wird, weil das Thema nicht radikal studiert und eruiert worden ist, eine Liebesgeschichte eingeführt, die zwischen Jo und Sofia, einer vermutlich gesichtskorrigierten Italienerin, deren Mutter auf die erste Jeepfahrt unbedingt mitkommen möchte. Die sehen im Schwarzen nun gar nicht den Schwarzen, sondern nur den Amerikaner, der reich sein muss (also man könnte sagen: Thema dieses Nebenstranges verfehlt).

Dann nach einer langen ersten halben Stunde bekommt die Staffel endlich ihre Chance, sich mit der Operation „Jingle“ zu beweisen.

Übrigens scheint sich auch die Musik schwer zu tun, bei der Diffusität von Themen (es gibt noch eine Gefangenen-Geschichte und eine Fluchtgeschichte aus dem deutschen Gefangenenlager).

Nach etwa 50 Filmminuten haben die Schwarzen in wenigen Filmminuten den ersten Beweis ihrer Gleichwertigkeit und Tauglichkeit als Kriegspiloten abgeliefert. Wie sollen nun aber die nächsten 70 Minuten noch gefüllt werden? Aha, der erste Einsatz ist ja ohne Mann- und Flugzeugverlust verlaufen. Wir könnten also einen Einsatz brauchen, wo es einem schwindlig wird und einer eine Bruchlandung hinlegen wird. Einer, der den Fallschirm betätigt und von den Deutschen gefangen genommen wird.

Dann gibt es im italienischen Ort einen Offiziersclub. Hier kann zuerst gezeigt werden, wie der schwarze Offizier nicht zugelassen wird. Der schlägert daraufhin. Er bekommt von seinem schwarzen Vorgesetzten eine Ermahnung, dass er nicht mit den Fäusten sondern mit dem Köpfchen arbeiten soll. Die Liebesgeschichte muss auch zwischendrin aufflammen, fröhlich auf italienisch-amerikanisch hin- und her schwankend und keiner versteht den anderen, aber amore muss sein.

Einmal soll ein Schwarzer seinen einzigen Fehler, nämlich das Selbstmitleid, sein lassen, genau, das ist der Offizier, der den Mann verloren hat, auch so ein Drama, sich schuldig fühlt und seinen Posten zur Verfügung stellen wird; ein Thema, was nun mit dem vorgeblichen Thema des Filmes wiederum gar nichts zu tun hat. Irgendwie müssen wir noch die Kurve kriegen. Das wäre doch eine Idee: noch einen extrem schwierigen, extrem gefährlichen Einsatz nach Berlin zu erfinden, nach wahren Begebenheiten, wie es im Vorspann heißt, wo alle Piloten zusammenhalten müssen, die weißen und die schwarzen; genau, das haben wir vergessen zu erwähnen, es gibt immer zwischendrin auch mal Szenen im anfangs des Filmes noch rassistischen Pentagon.

Dann kommen noch mal ein paar der wenigen Minuten Luftkämpfe, für die sich der Film oder seine Werbung zu recht so sehr rühmt. Und dann schön amerikanisch am Schluss eine Ehrung und die amerikanische Flagge weht – so was von abgestanden.

Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht – Teil 2

Zielgruppen- und damit kundenfreundliche Deskription der Magie der erwachend, erwachsenden Zwischenmenschlichkeit, genannt Liebe und junge Familie. Bella und Edward haben jetzt ein Kind. Er ist sowohl der leibliche als auch der Adoptiv-Vater. Rensmee ist ein traumhaft schön hergerichtetes Baby, es könnte aus einem Gemälde von Raffael stammen. Und es wird im Film in kurzen Abständen einige Jahre älter, ein auch wieder filmhübsches (filmverzogenes?) kleines Mädchen, das kurz mal in den schneienden Himmel fliegt, um sich eine Schneeflocke zu angeln. Dieser kleine Akt alarmiert in San Gimigniano (Vermutung) die Volturi, ein Vampirgeschlecht, das sich wie einsten die Römer, für das größte und wichtigste der Welt hält. Und die ein kleines Kind an der fernen nördlichen amerikanischen Westküste, von dem nicht klar ist, ob es Mensch oder Vampir ist, als große Gefahr empfindet. Somit sind Kind und Clan gefährdet.

Wie immer bezieht die Twilight-Saga ihren Reiz aus dem spießigem Rahmen, der Ordentlichkeit, der Angepasstheit heranwachsender, und den gewaltig gegen diesen Rahmen arbeitenden Kräfte der innerlich elementaren Umwandlungen, die sie durchmachen, auch als junge Eltern, was nochmal ein fundamentale Umwälzung der Persönlichkeit, ein fundamentales Anderswerden bedeutet, was sich in der gewalt- und naturbildhaften Verarbeitung, wie in so einem Film, seinen Weg bahnt, seine tiefenpsychologisch bildadäquate Formulierung findet.

Das Gezähmt-Beherrschte und das Wilde. Das Zivilisiert-Zivilisatorische und das Naturhafte. Das Tier im Mensch. Das Menschliche und das Tierische. Das Elementare und das Bürgerliche. Das Konsenshafte und das konsensignorierend Zerstörerische. Das Kriegerische, das Feindliche und das Friedliche. Sterblichkeit gegen Unsterblichkeit. Das Bekannte und das Unbekannte, das Vertraute und das Neue (was nicht nur dem Römer Angst macht). Das Kind als Monster Nessie. Das Problem mit der Veränderung. Wunderbar, wenn der Vater von Bella, der einfache Polizist, erfährt, dass seine Tochter sich verändert habe, wissend, dass sie sich in ein Tier verwandeln könne; wie er mit Widerstand sie besucht und ihr dann gegenüber tritt. Ein anrührender Moment. Die Tochter ist aus seinem Fleisch und Blut. Aber woraus ist das engelhafte Enkelchen? Das Eigene und das Fremde. Urängste des Menschen, weit über das eng bemessene Gebiet von Rassimus und Nationalismus hinaus.

Maskierung und Kleidung der Clans wie Popgruppen.

Die große Disziplin der Akteure. Ihre stilisiert-stilisierende Maske, aber kaum als Maske erkennbar.
Andocken an die Klassik. Klassische Kriegsaufstellung im Countdown auf dem Schneefeld gegen die Volturi.

Der Kaufmann von Venedig, Shylock, der bei Antonios Unfähigkeit das Geld zurückzuzahlen ein Pfund Fleisch von ihm verlangt. Ein Wechsel auf ein Pfund Fleisch. Vampire habens doch eher mit dem Blut.

Die große Opern- und Drama-Szene auf dem verschneiten Schlachtfeld, in shakespeareschem Sprechduktus gesprochen.

Dagegen gesetzt wilde Schlachtenfantasien mit viel Köpferollen. Das Leben als ein Kampf ums Überleben.
Und immer sensible Streichermusik unter den Szenen, um den Erotikzusammenhang von Liebe und Gewalt nicht vergessen zu machen.

Nach all den verunsichernden Fantasien und Vorstellungen ein schönes Familienbild – forever.
We will not fight today.

Ein Entspannungsende haben auch die Zuschauer verdient, die diese Wechselbäder von Mensch zu Tier, von clever kalkulierten und inszenierten Wechselbädern von menschlich zu tierisch und vice-versa, von beamhaften Bewegungen gespannt mitgemacht haben.

Und doch kaum mehr als ein massentauglich aufgepepptes, zeitgemäßes Nachfolgeprodukt des röhrenden Hirsches, den unsere Urahnen noch als Farbreproduktion oder gar als Gemälde an der Schlafzimmerwand hängen hatten.

Melissa Rosenberg hat das Buch nach dem Roman von Stephenie Meyer geschrieben und Bill Condon hat inszeniert.

Sinister

Die Grundsituation in diesem Film von Scott Derrickson ist ziemlich unrealistisch: ein Kriminalautor (Ethan Hawke als Ellison Oswalt) braucht nach zwei Flops dringend einen Erfolg und zieht zwecks Recherche mitsamt seiner Familie (Frau, ein Töchterchen ein Junge, beide im noch unschuldigen, also idealen Geisterfilmalter) in ein Haus, in dem ein unfassliches Verbrechen geschehen ist. Bisher ist Oswalt immer nur in die Nachbarhäuser der Tatorte gezogen.

Diesen doch recht grotesken Vorgang inszeniert Derrickson jedoch so handfest, dass an der Sinnigkeit des Unternehmens nicht der geringste Zweifel aufkommen kann. Wobei aller realistischer Glaubwürdigkeit zum Trotz, in praktisch jedem Bild mindestens eine undefinierbar dunkel Stelle vorkommt. Aber das macht der Kameramann und der macht das mit Bedacht. Ein leiser, subtiler Gruseleffekt, am Rande der Bewusstheit.

Allein, dass Oswalt True-Crime-Bücher schreibt, verpflichtet ihn, nah an die Orte seiner Nachforschungen sich zu begeben. Umzugskartons, die geschleppt werden müssen, machen einen Umzug plausibel. Das sind konkrete Probleme, die angegangen werden müssen. Oder das Thema, dass keiner Vaters Büro betreten darf. Dass Vater andererseits sein Büro immer abschließen muss (was er aber so gut wie nie macht, das kann so zum recht praktischen Suspens werden).

So schweißtreibend, wie er in seinem nicht abgeschlossenen Büro seine Recherchearbeit mit Fotos und Dokumenten und Computerarbeit betreibt, Fotos an den Wänden, Vergleich von verschiedenen Fällen, erklärt sich aus sich heraus ihre Notwendigkeit. Und da kommt es gerade gelegen, dass er auf dem Dachboden einen Karton findet mit Filmrollen und einen Super-8-Projektor. Da muss man sich nichts Böses dabei denken. Im Gegenteil, das ist doch der Beweis, dass Oswalt auf der richtigen Spur ist. Und auf die ist er nur gekommen, weil er in das gefährdete Haus eingezogen ist.

Die ersten Bilder der Spur des ominösen Verbrechens, das sich im Laufe des Filmes als viel größer herausstellen wird, als es anfangs scheint – und damit Oswalt die Hoffnung auf einen Scoop kräftig nährt und damit begründet, dass er weiter machen soll, diese ersten Bilder, die wir noch oft sehen werden, sind ein merkwürdiger Super-8-Film von vier Personen mit Kapuzen überm Kopf die an sonderbar zu ziehenden Seilen, nämlich der Verknüpfung mit einem angesägten Ast, hängen und daran wohl gehenkt werden sollen, die davor aber noch einen eigentümlichen Tanz letzter Bewegungen ausführen.

Bis wird diesen Streifen schon einige Male zu sehen bekommen haben, ist noch gar nicht so viel Filmzeit vorbeigegangen. Und zusätzlich zur Glaubwürdigkeit hat der Sheriff beigetragen, der den Autor warnte, hier zu recherchieren, der Ruhe in seinem Ort haben möchte und nicht die Medien, die dem Bestseller-Autor auflauern werden. Wobei auch dem Sheriff vor allem „Kentucky Blood“ gefallen hat und nicht die zwei floppenden folgenden Bücher.

Gegen die Sheriff-Meinung gibt es allerdings noch die seines „deputy“, eines Krimifans und Fans von Oswalt, der diesen gerne unterstützen möchte, weil er gerne wenigstens einmal in den Danksagungen des Autors auf den letzten Seiten eines Kriminalromanes stehen möchte. Auch das ein weiteres, gelungenes Indiz für Authentizität.

Aber irgendwie hat unseren Filmemacher vor lauter Realismus doch der Horrorfinger zu sehr gejuckt. Mit dem ersten Stromausfall im Haus schickt er den Autor mit Taschenlampe auf den Dachboden, eine ganz und gar unlogische Handlung, als erstes würde gerade ein professioneller Krimiautor doch bestimmt zu den elektrischen Sicherungskästen gehen. Aber jetzt wo die Horrorsicherung bei Scott Derrickson einmal durchgebrannt ist, gibt es kein Halten mehr vor Horroreffekten mit viel Schönheit im Bild und wenig Rücksicht auf den Realismus einer Geschichte. Jetzt wird es ein fröhlich oder weniger fröhlich aber auf jeden Fall andachtsvoll zelebriertes Halloween-Schauder-Festival für den heimeligen, gruseligen DVD-Kaminabend zuhause. Der Kinorelease dürfte vor allem als Vorarbeit für den DVD-Verkauf zu verstehen sein. Und hat damit seinen (guten) Zweck erfüllt.