Febre do Rato / Rat Fever (Filmfest München)

über FEBRE DO RATO / RAT FEVER (Filmfest München)

Von dem Film wüsste man gerne einige Hintergründe. Wie kommen Leute heute dazu, einen Film zu machen, dass man über lange Strecken glaubt, es handle sich um ein Stück brasilianische Filmgeschichte aus der Beat-Generation oder der Hippie-Zeit, irgendwann aus den 60ern oder 70er Jahren. Als heutigen Hammer immerhin darf man empfinden, wie sie mit den Förderern umgehen, denn die große Oelgesellschaft Petrobras scheint überall die Finger drin zu haben, als Finanzier. Die kommen gleich am Anfang, werden aber nicht so brav, wie es hier in Deutschland untertänigst passiert als unangefochtene Götter präsentiert, nein, ihr Logo wird in diesem Film von Claudio Assis (Buch) und Hilton Lacerda (Regie) gleich in Zeichnungen eingepackt, die wie Abpacketiketten für Verschiffungsgüter aussehen und diese Anreisserlogos werden in einen Rhythmus gezwungen, der dem Takt der Benzinzapfens an einer altmodischen Tanksäule entspricht, ein dankbares Sujet für die Sound-Abteilung.

Im Folgenden dreht sich alles um den Poeten Zizo, der auch die titelgebende Zeitschrift herausgibt, sie kommt auch im Film vor, sie ist Ausdruck von Wut an den Verhältnissen und im Film nimmt Zizo ein böses Ende im Wasser und wie die Kamera ihn dort sucht, findet sie Ratten, die nach Luft schnappen.

Hier wird mit überbordender Energie alles durcheinander gemixt, Kunst aller Gattungen feiert Urständ, die Poesie, die Musik als Background, die Zeichnerei, das Graffiti, die Performance und der hemmungslose Sex am liebsten in einem großen Wasserbottich für Zwei und dort am bevorzugtesten mit einer dicken Frau und dass das Wasser dabei in gewaltigen Fontänen überschwappt.

Der Dichter Zizo, der wohl sicher selber spielt, so könnte das kaum ein Darsteller imitieren, scheint ständig unter Strom zu stehen, wenn nicht unter anderen Dingen und kann unendliche Suaden dichterischen Textes produzieren oft auch vor ganzen Gruppen von Zuhörern, es geht um die Liebe, die Enttäuschung damit aber auch um die Verhältnisse generell, Armut und Reichtum.

Ein Problem bei diesem Film ist die Untertitelung, die zwar sehr kunstvoll gemacht ist, aber oft sehr kurz und vor dem schwarz-weiß-Background des Filmmaterials oft über große Strecken überhaupt nicht entzifferbar.

Es geht darum, dass die Menschen die Fähigkeit zum Wandel verloren hätten, dass der Künstler eine Muse brauche, seine Muse, dass er nichts ist ohne sie, dass der Poet sich als ein Chaospoet sieht, oder dass es nichts zu verstehen gibt, dass der Poet ein romantischer Bewunderer sei, aber auch ein Krüppel des Herzens, er schreibt wie im Wahn, wie in Trance Texte mit dunklem Filzschreiber auf seine Haut, sogar auf die Wangen, Texte über die disparate Welt, er macht, wie schon vorher seine Muse, Fotokopien von seinem Gesicht, er onaniert dabei ekstatisch, wie sie es später auch tut, Eineida, die Hure, die Muse, Zizo agiert wie unter Drogen, bis zum Exzess.

Ein extravagante Szene mit seiner Muse in einem Boot, er möchte sie pissen sehen, sie steht, hebt den Rock, er hält sie an einer Hand und er ist fasziniert, (Wiener Aktionisten?). Aber er führt auch Gespräche mit Fischern, über die Qualität des Wassers, dass hier nur Dreck sei, Abfälle, und nicht Schlick oder Schlamm, der für das Prosperieren der Fische gut sei. Er ist auch ein Dichter für die Umwelt. Es gibt noch einen zweiten Dichter. Der kommt im Film aber nicht so zur Geltung.

Es gibt Moment, wo die Räumlichkeiten um den großen Waschzuber den Eindruck einer Kommune erwecken. Schlafen zu dritt, eng umschlungen mit zwei Musen, nackt. Der Dichter beklagt, dass nichts trauriger sei als eine lieblose Liebe. Er collagiert Texte aus Zeitungstexten. Die Welt ein Abgrund. Dann eine große Kunstperformance, Protestaktion, Rezitation auf einem Autodach, während Zizo und seine Muse sich nach und nach ausziehen, ein Teil der Zuhörer auch, im Hintergrund eine viel befahrene Autobrücke. Bis die Polizei das Spektakel unsanft beendet und Zizo nach einer Fahrt im Laderaum eines PKWs in Wasser wirft.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert