Snow White and the Huntsman

Ein mächtiges Monumentalgemälde, wert im Grimmschen Vatikan aufgehängt zu werden, falls es einen solchen gibt, geben sollte.

Wie die Amis es so halten, sonst wären keine zwei Stunden aus einem kurzen Grimmschen Märchen zu machen, angereichert oder geräubert aus x anderen Geschichten, an Herr der Ringe erinnert der Film, im „Dark Forest“ erinnert Schneewittchen, wenn ihr Haupt von Schlangen umringt ist, an das Medusenhaupt und wenn sie das Reiterheer zur endgültigen Schlacht gegen die böse Königin mit Ritterrüstung anführt, so muss man unweigerlich an Jeanne d’Arc denken.

Eine Gagdoppelung gibt es, der an die kürzliche „Spieglein Spieglein“-Verfilmung ebenfalls aus Hollywood erinnert: die Zwerge hier haben die genau gleiche Methode, Menschen zu fangen und ihr Handwerk ist auch das Wegelagern. Hier erwischt es Schneewittchen und den „Huntsman“, den anderen Protagonisten des Filmes, während es beim Spieglein-Film den rettenden König und seinen Knappen am Seil kopfüber hochschnellen liess.

Die Machart ist meisterhaft, hat Staatstheaterklasse von der Schauspielerführung her, auch wie sie sprechen, hat aber alles auch die inhaltliche Schwere des Monumentalen. Man müsste das direkt messen, wie viele Minuten in diesem Film Schlachtengetümmel sind. Auch der Spiegel, der schien mir in der vorhergehenden Inszenierung leichter. Hier schmilzt eine große Edelmetallplatte; aus dem zähen Teig formt sich eine Menschenskulptur, die mit männlicher Stimme zur Königin spricht. Unglaublich monumental, opernhaft.

Überhaupt wurde der Märchen- und Opern- und SciFi-Fundus, den Hollywood zu bieten hat, gründlich geplündert. Kostümschinken könnte er teilweise auch genannt werden. Die prunkvollen Aufzüge am Hof, mit Statisten en Masse. Aber was will die Geschichte uns nun erzählen? Wieso ist die neue Königin verärgert über Schneewittchen. Warum kerkert sie sie ein? Schneewittchen unternimmt auch hier lauter Aktionen, die wenig mit weiblicher Schönheit oder Reinheit zu tun haben.

Sie entflieht dem Kerker und ab durch die Kloake in eine meerumbrandete Felsenwand, und Sprung in die Gischt und ab ans Land: dort wartet schon ein weißes Pferd. Ab durch die Mitte gewissermassen. Bis die Häscher der Königin hinter ihr her sind. Flucht durch den Dunklen Wald, der ein wirklich fantastisches Bühnenbild abgibt. Mythenrankig.

Stellenweise droht die ganze Inszenierung, die Geschichte in der Schwere von Pomp und Prunk und Staatstheatralik schier zu ertrinken. Da war „Spieglein Spieglein“ deutlich leichter. Aber hier ist das Können der Schauspieler vorrangiger, ihre Sprache, ihre Stimmen, ihre Typisierung.

Wobei man über Schönheit nachdenken müsste, ob es nur noch diese hollywoodsch zurechtgerichteten Karriereschönheiten gibt, die so gar nichts Reines mehr haben. Obwohl doch Schneewittchen genauso eingeführt wird  wie bei Grimm, die Königin verliert Blutstropfen, die fallen in den Schnee und dann wünscht sie sich das entsprechend (reine) Kind.

Im Gegensatz zum „Spieglein Spieglein“-Film fehlt hier der Humor. Und ob der Film für Kinder geeignet ist, obwohl doch die Küsse, die zu sehen sind, puritanischer geht’s nicht, ganz sanft nur die Lippen berühren. Oder die böse Königin stürzt sich auf den König, diesen erdolchend, noch bevor Liebe stattfinden kann.

Pomp auch die Kerzen vorm Spiegel, wie ein Altar in einer Kirche.
Das Setting bei der Flucht durch Schlamm und Gewürm lässt momentweise an Hieronymus Bosch denken. Hollywood räubert wie immer, aber was erzählt es uns Neues mit diesem eklektischen Verfahren?

William mit Pfeil und Bogen wie Wilhelm Tell oder der Huntsman mit der Axt (die Axt im Haus erspart den Zimmermann).

Inszenierung ist fesselnd gemacht, die Ausstattung auch, auch das vergessene Fischerdorf, wie ein Pfahlbaudorf. Hollywood scheute keinen Aufwand, keine Kosten, um uns was zu erzählen?

Es geht um einen ganzen Themenmix, um Treue und Verrat, um Liebe, um Gerechtigkeit, sogar Rache am Vater und auch um die Selbständigkeit der (Schneewittchen)Frau. Folksmusik im Zwergenland.
Szene im Birkenwald, William und das schöne Schneewittchen: Love always betrays us.

Die flammende Schneewittchen-Rede nach der Auferstehung, die wieder an Jeanne-d’Arc erinnert oder pompös gotisch die Aufbahrung in der gotischen Kathedrale.

Endet als schweres Schlachtengemälde, das sich zum Teil in reinen Effekten auflöst.

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