Die gar nicht so große Geschichte von Schneewittchen und den Sieben Zwergen hollywoodisch megamässig aufgemotzt schier zu einem Opus Magnum aus Show und Action und Ausstattung und Kämpfen und Animation und Jokes, mit einer kleinen Prise „wahre“ Gebrüder Grimm immer noch drin.
Ein fettes Menü mit viel zusätzlich reingeschütteter Joke-Dialektik. Die Zwerge sind nicht nur klein. Sie gelten auch als Monster des Waldes. Wenn sie sich Stelzen unterbinden mit den fantasievoll-eleganten Wadenverkleidungen, dann gelten sie als die Ungeheuer vom Walde und sind eine faszinierende Show.
Man könnte auch sagen: Schneewittchen kräftig entniedlicht und auch die Armutsproblematik und die wirtschaftlichen Halloderitums der Königin beigemixt.
Die Königin schwelgt im Luxus. Sie spielt Schach mit wundervoll kostümierten lebendigen Menschen-Schach-Figuren-Darstellern. Sie hat ihren Exgatten längst in den Wald geschickt und dem richtigen Ungeheuer zum Fraß vorgeworfen. Sie kämpft, wenn sie was will mit allen Mitteln auch der Meinungsunterdrückung, der Verdrängung, der Vergiftung und gnadenloser Ausbeutung des Volkes, des Aussaugens mittels Steuern. Sie lebt in einer abgehobenen, realitätsvergessenen Welt wie vielleicht eine heutige weltweite Luxusklasse lebt.
Der Prinz kommt früh ins Spiel. Er wird samt seinem Diener gleich Opfer der Zwerge, die sich im Wald als raffinierte Wegelagerer ihren Unterhalt redlich verdienen. Zum Glück macht Schneewittchen, die längst eine junge Dame ist, einen Spaziergang in den Wald und entdeckt den Prinzen, ohne zu wissen, dass er ein Prinz ist, an einem Seil mit seinem Diener gefesselt kopfunter vom Baum hängend. Schneewittchen befreit die beiden und verabschiedet sich artig. Wer weiß, wozu ein frühes Inkognito-Kennenlernen noch mal gut sein kann.
Der abgerissene Prinz schlägt sich zum Schloss durch. In der Königin weckt er, wie er mit nacktem Oberkörper und in langer Unterhose vor ihr steht, gleich Heiratssehnsüchte. Die Königin lässt ihn und seinen Diener mit lächerlichen Klamotten ausstaffieren und lädt sie gleich zu einen prunkhaften Kostümball ein. Auch Schneewittchen hat sich gegen den Willen der Mutter hineingeschlichen. Und trifft auf den Prinzen.
Elegante Nummer, wie der Prinz beim Partnerwechsel-Tanz trickreich immer bei Schneewittchen bleibt, gelungene Slapsticknummer, so eine ausgiebigere Konversation mit ihr ermöglichend.
Die böse Königin kommt der Sache auf die Spur. Sie denunziert die Stief-Tochter als geistig krank. Sie will den Prinzen. Die Ereignisse verkomplizieren und beschleunigen sich. Der Höfling Brighton soll für ein großes Bankett zu Ehren des Prinzen, der reich ist und deswegen geheiratet werden muss, noch mehr Steuern beim Volk eintreiben. Er wird aber mit dem prallen Geldsäckel Opfer der Zwerge. Schneewittchen landet inzwischen auch bei diesen und absolviert einen Schnellkursus in Selbstverteidigung. Selbst ist die Frau.
So nehmen denn die Dinge ihren Lauf. Zwischendrin begibt sich die Königin mit großem Hokuspokus zu ihrem sprechenden Spiegel. Nie aber fragt sie, Spieglein, Spieglein…? Nein, sie hält mit dem Spiegel, der eh eine verzwickte Konstruktion ist, Strategiegespräche ab, wie sie Schneewittchen los werden und der Prinzen gewinnen kann.
Schöne Szene, die die Kinder bestimmt zum Lachen bringt – und natürlich nicht nur diese -, wenn Brighton Schneewittchen hätte töten sollen und dann grimmsch originalgemäss als Beweis die Innereien der Königin bringen soll, bei Grimm die von einem Frischling, hier bei einem Metzger besorgt und wie er sie zeigen will, noch eine ganze Reihe geklauter Würste zum Vorschein kommen. Auch diese Szene hier nur als ein Beispiel für die trickreiche Konstruktion und Nebenbei-Charakterisierung der Figuren angeführt.
Next Step mit dem Prinzen: die böse Königin will ihm einen Trunk verabreichen, der ihn willig machen soll. Dummerweise erwischt sie das Mittelchen für Hunde. So spielt er denn den Hofhund und stürzt sich entsprechend auf sie. Hündische Männer und selbständige Frauen.
Grandiose Parodie auf jeglichen Schönheitswahn: die Behandlung und Schönheitskur, die sich die Königin für ihre perfekte Erscheinung am Ball angedeihen lässt. Die fängt damit an, dass die Bäckerin Papageienkacke wie Schokolade der Königin ins Gesicht streicht. Und das ist erst der Anfang. Was dann folgt, lässt die Dschungelcamp-Erfinder als arme Leute dastehen.
Ein opulentes Werk, die Macher waren sich nicht zu schön, wo auch immer im breiten Feld der Kulturen ikonographisch und thematisch (die New York Times sieht im Ungeheuer eine Replik zu Cocteaus „Die Schöne und das Biest“) zu wildern, um das gute alte gemütliche Grimm-Märchen kräftig zu tunen. Einer der Zwerge ist zum Beispiel Asiate. Man will ja alle Märkte bedienen. Einer heißt Napoleon, einer Romeo, einer Grimm und von dem lesen wir im Abspann, dass er nachher, also nach Ende des Filmes, angefangen habe, Märchen aufzuschreiben. Vielleicht holt der sich jetzt die Inspiration in Hollywood. Aber das ist sicher das einzige Märchen, was Hollywood je selbst erfunden hat, dass es Märchen erfinde. Es mischt sie eher neu zu einem bunt-spritzigen Cocktail.
Die gar nicht so große Geschichte von Schneewittchen und den Sieben Zwergen hollywoodisch megamässig aufgemotzt schier zu einem Opus Magnum aus Show und Action und Ausstattung und Kämpfen und Animation...