Shanghai

Ein weiterer Film, der handwerklich einwandfrei gemacht ist, es gibt nichts zu mäkeln, ein Thriller fürs Kino, ein Spionagerthriller, einer von der Sorte, bei der ich letztlich nie ganz durchblicke, wer nun wie für oder gegen wen arbeitet, dazu noch im komplexen Shanghi in der Zeit des Zweiten Weltkriegs 1941 kurz vor Pearl Harbour und bis die Japaner ganz Shanghai eroberten, das bis dahin in vier Zonen unterteilt war.

Die Hauptfigur ist Herr P. Soames, ein Amerikaner, offiziell Zeitungsschreiber und der wird nach Shanghai versetzt. Er war vorher, da gibts Rückblenden, in Warschau. Er gerät in Shanghai in ein Netz von Doppelagenten und Resistance gegen die Besatzer, das en detail nachzuerzählen mir unmöglich erscheint.

Eine Figur, das kann man hier in Deutschland noch erwähnen, wird von Franka Potente gespielt und wenn ich sie jetzt charakterisieren müsste, würde ich sagen, sie passt sich genau den internationalen, oft auch unpersönlichen Maßstäben einer solchen Produktion an, funktioniert hervorragend, fällt aber auch nicht weiter auf. Irgendwie lösen sich die Personen in solchen Filmen immer in den Geflechten und dem ganzen technischen Apparat auf. Sehen irgendwie auch immer ähnlich aus.

Zwischendrin habe ich versucht mich an Melville zu erinnern. An den kommt der Film nicht ran, weil er der Kamera zu viel Raum für Lichtspielereien, für wunderbare Schießereien in etwas verlangsamtem Tempo gibt; Action versus Understanding and Tension.
Der Film ist vielleicht von der Erlebnisqualität her mit dem Schlürfen, dem durchaus genussvollen, eines edlen Cognacs zu vergleichen.
Aber niemand trinkt ein Glas Cognac in einem Zug aus.
Den Schießereiszenen wohnt ein Reiz von Balletthaftigkeit inne.

Aber in einer solchen Produkten haben alle, wie mir scheint, natürlich ist das durch den Stoff bedingt, Pokerfaces. Hatten die bei Melville auch, aber er hat das anders genossen. Vielleicht mussten sie bei ihm lediglich auf die Sorgfalt im Tragen des Anzuges achten, während hier der Ablauf der Story komplizierend und überhaupt nicht zielführender für die Figuren im Vordergrund der Aufmerksamkeit stand.

Der Ausfall, und das wiegt doch sehr schwer, gerade auch beim Gedanken an Melville, ist der Hauptdarsteller, John Cusack mit seinem Pfannkuchengesicht, das einfach nur wie eine Fleischtomate wirkt, da wird noch der kleinste Ansatz einer Melville-Atmosphäre vernichtet. Auch sind mir, das scheint auch typisch für so eine Produktion und warum mir die immer sehr ähnlich vorkommen, prinzipiell diese Alphatypen von Schauspielern besetzt, die sich eine dicke Routinehaut zugelegt haben und insofern zuverlässig funktionieren, die aber auch die Melville-Qualität wie imprägniert verhindern, abprallen lassen. Es sind Figuren, die nie auch nur irgend eine Verletzlichkeit zeigen. Sie ordnen sich der Mechanik des gewiss plausiblen Drehbuches und der Drehmaschinerie vor Ort unter. Aber das hat man alles eben schon so oft gesehen. Und auch oft sehr gut und perfekt.

Die Blutbäder sind edel, malerisch.
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Dabei gibt es durchaus ein Gespräch zwischen Tanaka und Soames über die Romantiker und die Gefahr, in der sie sich befinden. Aber sie spielen eben diese Romantiker nicht (wie kürzlich bei „Blue Valentine“).
Das alte Lied vom Verrat wird in guter Konfektionsqualität vorgetragen.
Das dürfte genau der Grund sein, warum auch dieser Film absolut vorhersehbar kein besonderer Erfolg an der Kinokasse werden wird. Er schaut mir zu sehr auf das Genre, auf den historischen Aufwand, auf die Lichteffekte, auf die glatte Besetzung statt darauf, was den heutigen Menschen, auch bei einem historischen Stoff, beschäftigen könnte. Das sind immer die Verratssachen. Aber der Film orientiert sich nur an alten Filmen, wie man Geldspielrunden inszeniert, er interessiert sich nicht einen Deut dafür, welche Zeichen heute Vertrauen signalisieren und wie Verrat dann brutal funktioniert.

Wieder ein Film, der er es sich im anvisierten Genre gemütlich macht, sich gemütlich einrichtet und glaubt, wenn er die Gesetze des Genres ordentlich befolgt, dann kann ihm der Erfolg nicht ausbleiben. Getäuscht. Das muss wahrscheinlich die Arbeit eines jeden Filmes sein, egal in welchem Genre er sich bewegt, ganz genau zu schauen, welche Zeichen heute Geltung haben und wie sie also im Genre gehandhabt werden müssen. Man spielt einen Film aus 1940 oder 1898 auch nicht in einem Deutsch oder Englisch, das damals gesprochen worden ist, ja das scheint mir die Krux bei solchen Verfilmungen; wobei ich eben nicht von der gesprochenen Sprache spreche, die ist modernisiert, aber von der Zeichensprache, den Gesten, den Reaktionen, die laufen mir hier viel zu klischeehaft und zu unbedacht ab, als dass sie einen Menschen von Heute vom Hocker reißen könnten.

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